rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug einer Umsatzsteuervorauszahlung im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung bei dem Finanzamt erteilter Lastschrifteinzugsermächtigung, 10. Januar des Folgejahres als Sonnabend bzw. Sonntag und Einziehung der Umsatzsteuervorauszahlung durch das Finanzamt am nächsten Werktag (hier: 11. Januar des Folgejahres)
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein Steuerpflichtiger mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG beim Finanzamt die letzte Umsatzsteuervoranmeldung des laufenden Jahres zu Beginn des Folgejahres abgegeben, fällt der 10. Januar des Folgejahres als Fälligkeitstag der Umsatzsteuervorauszahlung auf einen Samstag oder Sonntag und hat das Finanzamt aufgrund der ihm für das hinreichend gedeckte Konto des Steuerpflichtigen erteilten Lastschrifteinzugsermächtigung die Umsatzsteuervorauszahlung daher erst am nächsten Werktag (im Streitfall: Montag, 11. Januar 2016) eingezogen, so ist diese Umsatzsteuervorauszahlung als „regelmäßig wiederkehrende Ausgabe” im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit und damit im laufenden Jahr (hier: 2015) als Betriebsausgabe abzuziehen.
2. Bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung gilt eine wirksam geleistete Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO als am Fälligkeitstag entrichtet. Bei hinreichender Deckung des Kontos gilt die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung zum Fälligkeitstag auch dann als bewirkt, wenn das Finanzamt die Forderung tatsächlich erst später einzieht (vgl. BFH, Beschluss v. 8.3.2016, VIII B 58/15, BFH/NV 2016 S. 1008).
3. § 108 Abs. 3 AO ist im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG vorliegen, nicht anwendbar.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3-4, § 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Sätze 1-2; UStG § 18 Abs. 1 Sätze 1, 4; AO § 224 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 1, 3
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 13. Juni 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2016 wird dahingehend geändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 2.265,26 Euro berücksichtigt werden.
2. Dem Beklagten werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
3. Das Urteil wird hinsichtlich der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2015 (noch) im Streitjahr 2015 oder erst im Kalenderjahr 2016 als Betriebsausgabe zum Abzug bringen kann.
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Steuerberater und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In seiner Einkommensteuererklärung 2015 erklärte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 41.321 Euro, wobei er die an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuervorauszahlungen für das Streitjahr in Höhe von insgesamt 8.921,08 Euro als Betriebsausgaben geltend machte. In Bezug auf die hierbei im Streit stehende Umsatzsteuer für das 4. Quartal 2015 reichte der Kläger die Voranmeldung am 4. Januar 2016 beim Beklagten ein und erteilte diesem zeitgleich die Erlaubnis zum Lastschrifteinzug. Der 10. Januar 2016 war ein Sonntag gewesen. Der Beklagte zog die Vorauszahlung in Höhe von 2.265,26 Euro am 11. Januar 2016 (Montag) ein. Das Konto des Klägers war hinreichend gedeckt.
Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom 13. Juni 2016 versagte der Beklagte den Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2015 im Jahr 2015.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger dahingehend, dass die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2015 in Höhe von 2.265,26 Euro noch im Streitjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sei, da – bei vorliegend unstreitiger Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung und gedecktem Konto am 4. Januar 2016 – die tatsächlich spätere Einziehung durch den Beklagten für die Anwendung der 10-Tages-Regel unerheblich sei. Der Kläger verwies hierzu auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Aktenzeichen VIII B 58/15. Bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung gelte die Zahlung am Fälligkeitstag als entrichtet. Im Streitfall sei dies der 10. Januar 2016, da der § 108 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nur das Ende der Abgabe- und Zahlungsfrist verschiebe, jedoch nicht die Fälligkeit.
Mit Einspruchsentscheidung vom 9. August 2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2015 könne nur dann im Streitjahr nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG als Betriebsausgabe Berücksichtigung finden, wenn innerhalb des 10-Tageszeitraums nach dem Ende des Kalenderjahres 2015 die Zahlung fällig und geleistet wird. Daran fe...