Entscheidungsstichwort (Thema)

Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG im Veranlagungszeitraum 2017 nicht verfassungswidrig. im Verhältnis zu einem Alleinverdiener mit Ehegatten und Kind höhere Besteuerung eines verwitweten Alleinverdieners mit zwei Kindern nicht verfassungswidrig. 1 %-Methode für Privatnutzung des Dienstwagens auf Basis des Bruttolistenpreises nach der Schwacke-Liste. kein Werbungskostenabzug für Business-Anzug. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 32/20)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Methode, wie der Gesetzgeber die Kinder- und Erziehungsfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG für den Veranlagungszeitraum 2017 ermittelt hat, sowie die Höhe dieser Freibeträge im Veranlagungszeitraum 2017 sind nicht verfassungswidrig. Das Gericht muss das Verfahren wegen dieser Frage nicht im Hinblick auf das zur Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibeträge im Veranlagungszeitraum 2014 beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren, Az beim BVerG 2 BvL 3/17, aussetzen, wenn die Beteiligten eine Verfahrensaussetzung nicht angeregt haben und der Kläger zudem ausdrücklich eine Entscheidung in der Sache beantragt hat.

2. Es ist auch nicht verfassungswidrig, dass die Anwendung des Splittingtarifes nach § 26b EStG, § 32a Abs. 5 EStG zu einer geringeren Steuerbelastung des Einkommens eines Alleinverdieners mit Ehefrau und einem Kind gegenüber dem Einkommen eines verwitweten Alleinverdieners mit zwei Kindern führt.

3. Von einem Arbeitnehmer getragene, anlässlich der privaten Nutzung eines Dienstwagens entstandene Mautgebühren, Fähr- und Parkkosten, sowie die AfA für einen privat erworbenen Fahrradträger mindern nicht den nach der 1 %-Methode ermittelten geldwerten Vorteil für die Privatnutzung. Die Ermittlung des Bruttolistenpreises für das dem Arbeitnehmer überlassene Fahrzeug über die Fahrzeugbewertung Schwacke ist nicht zu beanstanden.

4. Ein Werbungskostenabzug für einen angeschafften dreiteiligen Business-Anzug als bürgerliche Kleidung ist nicht zulässig.

 

Normenkette

EStG 2017 § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, §§ 26b, 32 Abs. 6 S. 1, § 32a Abs. 1, 5; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; FGO § 74

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt … und der Kläger … der Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob diverse vom Kläger getragene Kosten mindernd bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind. Zudem rügt der Kläger die Verfassungsmäßigkeit der Steuergesetze betreffend die Kinderfreibeträge und die Besteuerung Alleinerziehender.

Der Kläger ist alleinerziehender Vater zweier Kinder, von denen eines im Streitjahr volljährig wurde. Beide Kinder lebten im Streitzeitraum mit ihm gemeinsam in der Wohnung. Er erzielt u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Anschaffungskosten für einen Anzug (Dreiteiler) i.H.v. … EUR als Werbungskosten geltend. Zugleich beantragte er, den steuerpflichtigen Arbeitslohn um … EUR zu mindern. Gemäß der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2016 (Az.: VI R 2/15) minderten selbst getragene Kosten für den privat genutzten Pkw den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Die insoweit geltend gemachten Kosten setzen sich zusammen aus Fährkosten, Tankbelegen, Mautgebühren, Parkgebühren (davon … EUR für einen Termin beim BFH) und AfA für einen 2016 erworbenen Fahrradträger.

Mit Bescheid vom 6. April 2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 2017 auf … fest. Bei der Berechnung der Steuer wandte er den Grundtarif an und ging u. a. von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:

Bruttoarbeitslohn:

… (ohne Minderung des geldwerten Vorteils)

Werbungskosten:

1.000 EUR (Pauschbetrag; tatsächliche Werbungskosten:

… EUR ohne Anerkennung Anzugskosten)

Kapitalerträge:

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende:

179 EUR

Kinderfreibeträge:

14.712 EUR (= 2 × 7.356 EUR)

Hiergegen erhob der Kläger am 18.04.2018 Sprungklage zum Sächsischen Finanzgericht, die nach Verweigerung der Zustimmung durch den Beklagten als Einspruch fortgeführt wurde. Das Einspruchsverfahren hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzamt im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2018 die Kapitalerträge nur noch wie vom Kläger beantragt ansetzte und einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende i.H.v. 2.148 EUR berücksichtigte. Es setzte insoweit die Steuer auf … herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 21.12.2018 Klage und kündigte an, i...

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