Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Einheitswertbescheides nach § 129 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide nach § 129 AO ist nur dann zulässig, wenn die Unrichtigkeit auf einem rein mechanischen Fehler beruht. Von einem solchen ist nicht auszugehen, wenn die der Festsetzung zugrunde liegende Verwaltungsanweisung die strittige Frage nicht eindeutig klärt, sondern auslegungsbedürftig ist, und auch der Eingabebogen des Finanzamts eine bloße Verwechslung hinsichtlich der Eintragungen in die vorhandenen Spalten nicht zulässt.

 

Normenkette

AO 1977 § 129 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob ein Einheitswertbescheid nach § 129 der Abgabenordnung (AO) geändert werden kann.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines in W. belegenen Fabrikgrundstücks, das mit mehreren Gebäuden bebaut ist – darunter ein Hochregallager und mehrere Hallen. Der Einheitswert auf den 01. Januar 1991 war ursprünglich auf 11.559.300 DM festgesetzt worden. Auf den – unter Bezugnahme auf den Erlaß der obersten Finanzbehörden der Länder des Beitrittsgebiets vom 21. Mai 1993 betreffend der Bewertung von Fabrikgrundstücken u.ä. (BStBl I 1993, 467) – eingelegten Einspruch der Klägerin war dieser Einheitswert mit Bescheid vom 17. Juni 1996 auf 5.960.100 DM festgesetzt worden (Blatt 76 der Einheitswertakte).

Im August ging beim Beklagten ein Erlaß des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen vom 20. Mai 1996 betreffend der Bewertung von Fabrikgrundstücken, hier: Änderung der Abschlagsregelung bei Hallenbauten, ein. Danach wurde der Erlaß vom 21. Mai 1993 dahingehend geändert, „daß unter Textziffer 4.2.2.3 die bisherigen Sätze 3 und 4 durch folgenden Satz 3 ersetzt werden: Geht die Geschoßhöhe eines Vollgeschosses über 4 m hinaus, ist bei diesem Geschoß ein Abschlag nach folgender Tabelle vorzunehmen:

Höhe in m

Abschlag in v.H.

mehr als 4 bis 6

20

mehr als 28

50”

(Blatt 84 der Einheitswertakte). Daraufhin erließ der Beklagte am 15. Oktober 1996 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid, mit dem der Einheitswert auf den 01. Januar 1991 auf 5.243.700 DM herabgesetzt wurde (Blatt 89 der Einheitswertakte). Die Festsetzung des Einheitswertes erfolgte im Wege der elektronischen Datenverarbeitung anhand eines handschriftlich ausgefüllten Eingabebogens. Hierbei waren die entsprechenden Höhenabschläge jeweils in die Zeile 84 – Abschläge, sonstige Gründe – eingetragen (Blatt 85 ff der Einheitswertakte).

Aufgrund eines Flächentausches mit der Firma R. GmbH im Oktober 1992 nahm der Beklagte auf den 01. Januar 1993 eine Wertfortschreibung vor. Da sich nur die Grundstücksgröße verändert hatte, wurde die Einheitswertfeststellung auf den 01. Januar 1991 übernommen. Mit dem streitgegenständlichen Einheitswertbescheid auf den 01. Januar 1993 vom 04. November 1996 wurde der Einheitswert – wie bisher – auf 5.243.700 DM festgesetzt (Blatt 106 der Einheitswertakte).

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2000 beantragte die Klägerin, diesen Bescheid gemäß § 129 AO zu berichtigen. Sie habe festgestellt, daß der Einheitswertbescheid vom 04. November 1996 mit einer Wertfortschreibung auf den 01. Januar 1993 mit einem offenbaren Fehler behaftet sei, da bei der Ermittlung des Einheitswerts die Höhenabschläge als sonstige Abschläge auf den Gebäudenormalherstellungswert berücksichtigt und somit wegen der Begrenzung auf 60% nicht voll gewährt worden seien. Mit Verwaltungsakt vom 04. Januar 2001 lehnte der Beklagte die Berichtigung des Einheitswertbescheides ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 30. März 2001 – Blatt 182 der Bewertungsakte).

Die Klägerin trägt im wesentlichen vor, für den Streitfall sei die Tatsache von wesentlicher Bedeutung, daß die Abschläge für Gebäudehöhe als Abschläge „wegen sonstiger Gründe” eingetragen worden und so nicht voll zum Tragen gekommen seien, da diese Abschläge bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswertes auf 60% begrenzt seien. Diese Tatsache werde vom Beklagten nicht bestritten (vgl. insofern die Ausführungen auf Seite 3 der Einspruchsentscheidung). Die zuständige Sachbearbeiterin habe die Daten aus den Bögen „Merkmale der baulichen Ausstattung” und aus dem Mantelbogen „Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 01. Januar 1991” in den EDV-Mantelbogen eingetragen und dabei die Höhenabschläge in die Zeile Abschläge wegen sonstiger Gründe statt in die Zeile bezüglich der Festsetzung des Raummeterpreises eingetragen. Diese versehentlich falsche Eintragung der Höhenabschläge führe wegen der Begrenzung der Abschläge dazu, daß die Höhenabschläge nicht in voller Höhe gewährt worden seien.

Die Eingabe der Höhenabschläge in die falsche Spalte des Eingabeformulars (bei den Höhenabschlägen anstelle bei der Feststellung des Raummeterpreises) beruhe auf einem mechanischen Versehen im Sinne des § 129 AO; rechtliche Überlegungen bezüglich dieser Eintragung seien nicht getätigt...

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