rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen eines Rechtsanwalts für Lebensversicherungen keine Beiträge zu „berufsständischen Versorgungseinrichtungen” im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Beiträge eines Rechtsanwalts und Mitglieds eines Rechtsanwaltsversorgungswerks zu kapitalbildenden Lebensversicherungen sind auch dann nicht den als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG abziehbaren „Beiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung” gleichzustellen, wenn der Rechtsanwalt von der nach der Satzung des Versorgungswerks bestehenden Möglichkeit eines Dispenses von der Beitragspflicht infolge des vorherigen Abschlusses einer Lebensversicherung Gebrauch gemacht hat.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3a, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Sätze 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.01.2022; Aktenzeichen X B 82/21)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl.) erzielte in den Streitjahren (2012 und 2013) als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Für 2012 wurde er zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Der Kl. schloss mit dem X. Lebensversicherungsverein a.G. zwei kapitalbildende Lebensversicherungen auf den Todes- und Erlebensfall, jeweils mit Unfall- und Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Im Einzelnen (Bl. 8 f. ESt):

Nr.

Versicherungsbeginn

Versicherungssumme Lebensversicherung

Ende der Laufzeit

… 5

1. Aug. 1993

… EUR

1. Aug. 2029

… 1

1. Juli 1993

… EUR

1. Juli 2029

Der Kl. wurde mit Errichtung des S. Rechtsanwaltsversorgungswerks (SRV) am 5. Juli 1994 dessen Mitglied (s. § 5 Abs. 1 der Satzung des SRV). Der Kl. machte von der Möglichkeit nach § 12 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 5 S. 1 der Satzung Gebrauch, bis zum 30. Juni 1995 eine Befreiung von der Beitragspflicht zu beantragen. Die Satzung gibt denjenigen, die – wie der Kl. – am 5. Juli 1994 Mitglied des SRV geworden sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht, sofern sie vor dem 5. Juli 1994 für ihr Alter, ihre Berufsunfähigkeit und ihre Hinterbliebenen anderweitig Vorsorge getroffen hatten. Nach § 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 der Satzung ist dies regelmäßig der Fall, wenn vor dem 5. Juli 1994 eine Kapital- oder Rentenversicherung auf den Erlebens- und Todesfall mindestens auf das 60. Lebensjahr und höchstens auf das 68. Lebensjahr des Mitgliedes unter Einschluss der Berufsunfähigkeit und mit einer monatlichen Beitragspflicht i.H.v. mindestens fünf Zehnteln des Regelpflichtbeitrages abgeschlossen wurde und diese frei von Rechten Dritter unterhalten wird. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht bejahte mit Urteil vom 5. Dez. 2000 – 2 B 370/00 – (Bl. 21 Rb) einen Anspruch des Kl. auf Befreiung von der Beitragspflicht.

Der Kl. machte in seinen ESt-Erklärungen Aufwendungen für die Lebensversicherungen i.H.v. 6.420 EUR für 2012 und i.H.v. 6.698 EUR für 2013 als Sonderausgaben geltend, und zwar als Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen. In den Bescheiden über ESt 2012 vom 18. Juni 2014 (Bl. 7 ESt) und über ESt 2013 vom 23. Sept. 2015 (Bl. 33 ESt) behandelte das FA die geltend gemachten Aufwendungen als sonstige Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG. In den Erläuterungen heißt es jeweils, dass die Beiträge „laut den eingereichten Belegen als Berufsunfähigkeitsversicherungen in die Kennzahl 501 der Anlage Vorsorgeaufwendungen umgetragen” worden seien.

Die Einsprüche des Kl. blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 27. April 2017).

Der Kl. meint, dass die Aufwendungen für die Lebensversicherungen, die bei Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk zu einer Befreiung von der Beitragspflicht geführt hätten, genauso zu behandeln seien wie Beiträge an das Versorgungswerk. Denn es handele sich bei den Aufwendungen für die Lebensversicherungen um Surrogate für die Beiträge an das Versorgungswerk.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 18. Juni 2014 über Einkommensteuer 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2017 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer auf den Betrag herabgesetzt wird, der sich ergibt, wenn die geltend gemachten Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen in Höhe von 6.420 EUR nach § 10 Abs. 1 Ziffer 2 Buchst. a EStG berücksichtigt werden;

die mit Bescheid vom 23. Sept. 2015 festgesetzte Einkommensteuer 2013 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2017 um 620,99 EUR zzgl. 90,03 EUR Solidaritätszuschlag sowie 47 EUR Zinsen herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt (Bl. 8, 13 GA).

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet. Die geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen können nicht über den in § 10 Abs. 4 S. 1 und 4 EStG bestimmten Höchstbetrag hinaus abgezogen werden.

a) Der Höchstbetrag des § 10 Abs. 3...

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