rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitsbewertung von Grundstücken in den neuen Bundesländern für Zwecke der Grundsteuer. Jahresrohmiete und Vervielfältiger. verfassungsrechtliche Beurteilung von Wertverzerrungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Bewertung eines Grundstücks in den neuen Bundesländern im Ertragswertverfahren ist die Jahresrohmiete anzusetzen, die nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zustands des Grundstücks im Feststellungszeitpunkt zu erzielen gewesen wäre. Für die Ermittlung dieser hypothetischen Miete bedarf es einer Schätzung, bei der in erster Linie die Mieten von Objekten gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung heranzuziehen sind. Lediglich „notfalls” kann auch auf die von den Finanzämtern für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich erarbeiteten Mietspiegel oder ähnliche Schätzungsgrundlagen zurückgegriffen werden.

2. Gemeinden mit weniger Einwohnern haben regelmäßig einen höheren Vervielfältiger als solche mit mehr Einwohnern.

3. Wertverzerrungen bei der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer sind wegen der geringeren steuerlichen Belastungswirkung verfassungsrechtlich in höherem Ausmaß hinnehmbar als etwa bei der Erbschaftsteuer.

 

Normenkette

BewG § 129 Abs. 1-2, § 80; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.02.2011; Aktenzeichen II R 12/10)

BFH (Urteil vom 09.02.2011; Aktenzeichen II R 12/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung eines Grundstücks für die Grundsteuer.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks … l 7 in X-L. Der Stadtteil L war bis 1930 selbständig und wurde dann nach X eingemeindet. Das Grundstück mit einer Größe von 1000 qm ist bebaut mit einem frei stehenden Wohngebäude (Baujahr 1920) mit einer Mietfläche von 178 qm, bestehend aus drei Einheiten, von denen der Kläger zwei mit insgesamt 99,56 qm selbst nutzt. Der Kläger veränderte baulich das Gebäude im Jahr 1997, wofür er EUR 55.461 aufwandte. Die Wohnungen waren mit Bad und Innentoilette sowie Zentralheizung ausgestattet. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 3. Dezember 1996 den Einheitswert auf den … 1. Januar 1997 auf DM 6.800 fest. Der Kläger reichte am 10. April 2004 eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes zum 1. Januar 1998 ein. Dabei erklärte er, dass keine Umstände vorlägen, die den Wert des Gebäudes beeinflussen würden. Mit Bescheid vom 18. Mai 2004 setzte der Beklagte den Einheitswert des Grundstückes auf DM 17.200 auf den 1. Januar 1998 im Wege der Wertfortschreibung mit steuerlicher Wirkung ab dem 1. Januar 2000 fest. Dabei nahm er eine Jahresrohmiete von DM 1.922 und den Vervielfältiger 8,0 sowie einen Zuschlag wegen nicht bebauter Fläche von DM 1.840 (460 qm × DM 4) an. Die Miete setzte er mit 0,90 DM/qm an, welche er dem Mietspiegel der Stadt X zum 1. Januar 1935 entnahm, der für die Lageklasse I Mieten zwischen RM 0,90 und 1,30 vorsah. Am selben Tag setzte der Beklagte den Grundsteuermessbetrag auf DM 172 fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, da die Miete sei zu hoch angesetzt und der Vervielfältiger mit 6,0 anzunehmen sei, welcher demjenigen der Stadt X entspreche. Die anzusetzende Fläche betrage nur 78,5 qm, alles andere sei Eigennutz. Der Eigentümer könne nicht vier Jahre rückwirkend in Anspruch genommen werden, obwohl er die Kosten dem Mieter nicht rückwirkend berechnen könne. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2004 als unbegründet zurück. Die Miete beruhe auf dem Wert des Mietspiegels von 1935 und der Vervielfältiger entspreche § 33 RBewDV.

Der Kläger ist der Auffassung, dass es nicht der gesetzgeberische Wille sein könne, eingemeindete Vororte steuerlich zu benachteiligen, indem trotz niedrigerem Mietniveau höhere Grundsteuern verlangt würden als im Stadtgebiet von X. Die unterschiedlichen Vervielfältiger seien nicht zu akzeptieren. Dies entbehre auch einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Des Weiteren handele es sich bei dem Grundstück des Klägers um ein Denkmal. Das Grundstück habe Hanglage. Der Bauzustand sei wertmindernd zu berücksichtigen, insbesondere fehle es an der Trockenlegung, das Grundstück sei nicht an eine zentrale Abwasserleitung angeschlossen, die Deckenbalken seien vom Holzwurm befallen, der Schornstein sei alt, die Türen seien alt, es würden erhöhte Heizkosten anfallen und die Fußböden würden nicht über ausreichende Trittschalldämmung verfügen.

Der Kläger beantragt,

den Einheitswertbescheid vom 18.Mai 2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist unter Verweisung auf seine Einspruchsentscheidung der Auffassung, dass es sich bei dem Grundstück des Klägers um eine gute Lage handele, da es sich ein frei stehendes Villengrundstück in verkehrsarmer Gegend sei. Der Kläger habe im Jahr 2004 in seiner Erklärung den Bauzustand als gut angegeben. Der feuchte Keller habe ohnehin keine Auswirkung auf die Bewertung, d...

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