Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG der Mietaufwendungen für Unterkünfte für Arbeitnehmer eines Unternehmens, das europaweit unter anderem Leistungen im Bereich der Verkehrs- und Schwachstromtechnik erbringt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Maßgeblich für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ist eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters.

2. Bei einem Unternehmen, das europaweit Leistungen im Bereich der Verkehrs- und Schwachstromtechnik erbringt, dazugehörige Technik und Systeme installiert, wartet und repariert und bei auswärtigen Aufträgen für die Zeit der Leistungserbringung Unterkünfte vor Ort für die Arbeitnehmer (Hotel, Ferienwohnung, Pension) anmietet, sind die Mietaufwendungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnen (Abgrenzung zu BFH, Urteil v. 25.10.2016, I R 57/18, BFH/NV 2017 S. 388; BFH, Urteil v. 25.7.2019, III R 22/16, BStBl 2020 II S. 51).

3. Das zeitlich begrenzte fiktive Eigentum an Hotel- und Pensionszimmern sowie Ferienwohnungen an stetig wechselnden unterschiedlichen Orten in Deutschland und in Europa dient nicht auf Dauer der betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens, sondern nur für die Dauer des auszuführenden Auftrags. Wenn die Orte stetig wechseln, muss das Unternehmen die jeweilig angemieteten Übernachtungsmöglichkeiten nicht für den ständigen Gebrauch in seinem Betrieb vorhalten.

 

Normenkette

GewStG §§ 7, 8 Nr. 1 Buchst. e

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 02. Mai 2019 wird der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 dahingehend geändert, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf 7.024 EUR festgesetzt wird. Die Hinzurechnung der Übernachtungskosten für Arbeitnehmer unterbleibt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Leistungen im Bereich der Verkehrs- und Schwachstromtechnik in Deutschland und europaweit erbringt, dazugehörige Technik und Systeme installiert, wartet und repariert. Sie beschäftigte im Streitjahr 36 Arbeitnehmer. Bei auswärtigen Aufträgen wurden durch die Klägerin für die Zeit der Leistungserbringung Unterkünfte vor Ort für die Arbeitnehmer (Hotel, Ferienwohnung, Pension) angemietet. In der Bilanz für das Streitjahr 2010 wies die Klägerin unter Umlaufvermögen in Arbeit befindliche Aufträge in Höhe von 165.300 EUR und fertige Erzeugnisse und Waren in Höhe von 73.786,16 EUR aus.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung, die sich u. a. auf die Gewerbesteuer für 2010 erstreckte, stellte die Prüferin fest, dass der Aufwand für die Übernachtung der Arbeitnehmer, der unter dem Konto … (Reisekosten AN Übernachtungsaufwand in Höhe von 125.264 EUR) gebucht worden war, für die Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages hinzugerechnet werden müsse.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung. Mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 14. Dezember 2016 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf 7.346 EUR erhöht. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren reichte die Klägerin exemplarisch Rechnungen über die Übernachtungen der Arbeitnehmer vor, aus denen hervorgeht, dass nur die Übernachtung ohne Frühstück berechnet wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 02. Mai 2019 wurde der Einspruch zurückgewiesen.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass eine Hinzurechnung der Übernachtungskosten zum Gewinn zu unterbleiben habe. Es handele sich nicht um fiktives Anlagevermögen, denn bei dieser Prüfung müsse der Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigt werden. Maßgeblich sei, ob der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch hätte vorhalten müssen. Von einem Unternehmer könne schlechterdings nicht verlangt werden, an allen Orten, zu denen bereits geschäftliche Kontakte bestehen oder die aus sonstigen geschäftlichen Anlässen potentiell aufzusuchen sein könnten, d. h. letztlich überall eigene Räumlichkeiten für eventuelle Geschäftsreisen vorzuhalten. Ein Hotelzimmer gehöre daher –im Regelfall– nicht zum fiktiven Anlagevermögen, so dass derartige Mietzinsen nicht der Regelung des § 8 Nr. 1 Buchstabe e Gewerbesteuergesetz (GewStG) unterlägen. Dies ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung, in der ausgeführt werde, dass eine Hinzurechnung bei Verträgen über kurzfristige Hotelnutzungen regelmäßig ausscheide. Die kurzfristige Anmietung von Zimmern für eine durchschnittliche Dauer von einer Woche diene dem Unternehmen nur zeitlich begrenzt und lediglich mittelbar dem Unternehmenszweck. Überdies hätten die Übernachtungskosten für die Arbeitnehmer Eingang in die Herstellungskosten ...

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