rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltszahlungen an die nichteheliche Lebensgefährtin als außergewöhnliche Belastungen. Anrechnung von Elterngeld, Landeserziehungsgeld sowie von einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft bezogenen Leistung nach dem SGB II als Bezüge der Lebensgefährtin
Leitsatz (redaktionell)
1. Unterhaltszahlungen an die nichteheliche Lebensgefährtin, die im gemeinsamen Haushalt ein gemeinsames Kleinkind betreut, sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG abzugsfähig.
2. Bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge der Lebensgefährtin im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG 2016 sind von der Lebensgefährtin bezogenes Elterngeld, Landeserziehungsgeld sowie eine Kostenpauschale von 180 EUR (vgl. R 33a.1 Abs. 3 Satz 5 EStR 2016) als Bezüge anzurechnen. Haben der Kläger, die Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind als sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten, sind als Bezüge der Lebensgefährtin insoweit nur die für sie gezahlten Sozialleistungen zu berücksichtigen, nicht aber die für die weiteren Personen der sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft (Kläger, Kind) bezogenen Leistungen nach dem SGB II.
3. Aus der Verklammerung von Personen zu Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft im SGB II entstehen davon ausgehend keinerlei Rechtsansprüche der „zusammenveranlagten” Personen auf Unterhaltsleistungen bzw. auf einen sozialrechtlichen Ausgleich der berücksichtigten Einkommensanteile (vgl. BSG, Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 51/09 R).
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1 Sätze 1, 5; BGB § 1651l Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 1610; EStR 2016 R 33 a. 1 Abs. 3 S. 5; SGB II § 7 Abs. 1, § 38
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2016 vom 24. April 2017 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. November 2018 werden dahingehend geändert, dass weitere Unterhaltsaufwendungen von 2.143 Euro als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Abzug gebracht werden.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der als außergewöhnliche Belastungen ansetzbaren Unterhaltszahlungen an die nichteheliche Lebensgefährtin, namentlich über den Umfang der bei der Unterhaltsempfängerin zu berücksichtigenden Bezüge.
Der Kläger lebte im Streitjahr 2016 mit F in eheähnlicher Gemeinschaft. In dem Haushalt lebten neben F das im August 2015 geborene gemeinsame Kind G sowie das Kind H, das nur mit F verwandt ist. F war nicht berufstätig, sondern betreute G. Sie bezog für sich und die sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Hiervon waren 2016 bestimmt für sie selbst 1.559,10 Euro, für den Kläger 1.559,08 Euro und für G 584,31 Euro; für H wurden keine Sozialleistungen bezogen (Bl. 14 ff. der ESt-Akte). Zudem bezog sie Elterngeld von 2.100 Euro (a. a. O., Bl. 20) und Landeserziehungsgeld von 1.000 Euro (a. a. O., Bl. 21). Das Nettoeinkommen des Klägers betrug 15.978 Euro, das von F 5.619 Euro; unter Berücksichtigung des Mindestunterhalts für G stand maximal als Unterhaltszahlung ein Betrag von 8.794 Euro zur Verfügung (zur Berechnung im einzelnen: Bl. 11 f. der Gerichtsakte). Der Kläger zahlte H, dem gegenüber er nicht unterhaltsverpflichtet war, weder Unterhalt noch ansonsten etwas. Der Kläger leistete an F Unterhaltszahlungen mindestens in Höhe des seiner Ansicht nach als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Höchstbetrags von 4.797 Euro.
Mit seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die Unterhaltszahlungen an F als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte – B – berechnete die Höhe der außergewöhnlichen Belastungen unter Ansatz der der gesamten Bedarfsgemeinschaft gezahlten Sozialleistungen von 3.702 Euro wie folgt (Bl. 25 der Gerichtsakte):
Höchstbetrag der Unterstützungsleistungen |
8.652,00 Euro |
anzurechnende Einkünfte und Bezüge |
3.702,00 Euro SGB II (Bedarfsgemeinschaft) |
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2.100,00 Euro Elterngeld |
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1.000,00 Euro Erziehungsgeld |
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./. 6.802,00 Euro |
|
1.850,00 Euro |
Kostenpauschale |
180,00 Euro |
freibleibender Betrag |
624,00 Euro |
zu berücksichtigende Unterhaltszahlungen |
2.654,00 Euro |
Er berücksichtigte ausweislich des Einkommensteuerbescheids vom 24. April 2017 den Betrag von 2.654 Euro und setzte die Einkommensteuer auf 1.312 Euro fest (Bl. 22 der ESt-Akte). Ein hiergegen eingelegter Einspruch blieb mit Entscheidung vom 28. November 2018 ohne Erfolg.
Mit der am 21. Dezember 2018 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, bei der Berechnung der Höhe des abziehbaren Betrags seien bei den anzurechnenden Bezügen von F neben dem Eltern- und Erziehungsgeld (2.100 Euro + 1.000 Euro) allein die auf F entfalle...