Entscheidungsstichwort (Thema)
Standplätze für mobile Verkaufsstände als fiktives Anlagevermögen
Leitsatz (redaktionell)
Bei Standplätzen, die ein Unternehmer auf wechselnden Märkten, bei Festivals und ähnlichen Veranstaltungen jeweils kurzzeitig (für die Dauer von einzelnen Tagen bis hin zu wenigen Wochen) anmietet, um dort an mobilen Verkaufsständen seine Waren zuzubereiten und zum Verkauf anzubieten, handelt es sich um fiktives Anlagevermögen. Die insoweit aufgewandten Nutzungsentgelte unterliegen daher der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. e; HGB § 247 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 und 2015 vom 28. Februar 2019 und die Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 2021 werden dahingehend geändert, dass die bei den Hinzurechnungen angesetzten Miet-/ Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Betriebsanlagegüter um 7.463 Euro (2014) und 8.479 Euro (2015) herabgesetzt werden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, ist gewerblich tätig, indem sie mit Verkaufsständen auf ständig wechselnden Orten (dazu im einzelnen, Bl. 15 ff. der Rb-Akte) gastronomische Leistungen in Form von gebackenen „…broten” erbringt. Für die Verkaufsstände mietet sie kurzzeitig – jeweils für die Dauer von einzelnen Tagen bis hin zu mehreren Wochen (dazu im einzelnen a. a. O.) – Standplätze auf Märkten, Festivals und anderen Veranstaltungen an. Die zu verkaufenden …brote bereitet die Klägerin in den Ständen zu. Hierfür erforderliche Betriebsmittel wie Wasser und Strom stellen die Vermieter zur Verfügung.
Der Beklagte – das Finanzamt – setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 und 2015 mit Bescheiden vom 16. Dezember 2015 und vom 19. August 2016 jeweils erklärungsgemäß, unter Berücksichtigung des abweichenden Wirtschaftsjahres der Klägerin vom 1. April bis 31. März und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 17.251 Euro (2014) und 18.476 Euro (2015) fest (vgl. GewSt-Akten, nicht blattiert). Dabei hatte Klägerin Mietzinsen für Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Höhe von 29.463 Euro (2014) und 465.114 Euro (2015) berücksichtigt.
Nach den Feststellungen einer für 2013 bis 2015 durchgeführten Betriebsprüfung seien Mieten – langfristige Anmietungen und Standmieten – in Höhe von 319.603 Euro (2014) und 377.103 Euro (2015) nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen (vgl. Bericht vom 10. Oktober 2018, Seite 6, Punkt D.1, und Anlage 5).
Der Beklagte setzte daraufhin unter Berücksichtigung dieser und neben anderen, nicht streitigen Feststellungen den Gewerbesteuermessbetrag mit Bescheiden vom 28. Februar 2019 jeweils unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung abweichend auf 18.004 Euro (2014) und 18.091 Euro (2015) fest.
Mit einem hiergegen eingelegten Einspruch wandte sich die Klägerin gegen diese Hinzurechnungen. Bei den angemieteten Standplätzen handele es sich um fiktionales Umlaufvermögen. Außerdem seien – nur soweit sie nicht gesondert ausgewiesen sind – in den angesetzten Kosten für die Anmietung der Standflächen Entgelte für Nebenleistungen und Betriebskosten enthalten, die die Veranstalter der Märkte auf die Standflächennutzer umgelegt hätten.
Nachdem der Beklagte den Einspruch mit Entscheidung vom 8. Juli 2021 zurückgewiesen hatte, erhob die Klägerin am 6. August 2021 Klage. Sie wendet sich gegen die Hinzurechnung von Standmieten in Höhe von 290.140 Euro (2014) und 343.225 Euro (2015). Die angemieteten Standflächen stünden zwar im Eigentum Dritter. Wäre die Klägerin Eigentümerin der Standflächen, gehörten sie aber nicht zum Anlagevermögen, sondern allenfalls zum Umlaufvermögen, weil sie sie nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorhalten würde. Bei einem fiktiven Kauf der Standflächen würde keine Zuordnung der Standflächen zum Anlagevermögen vorzunehmen sein, weil die Klägerin die Flächen nach dem Ende der Veranstaltung gleich wieder verkaufen würde. Sie nutze Vielzahl verschiedener Flächen zu unterschiedlichen Zeiten. Ob und welche Standfläche sie nutze, hänge von den Zufällen der Auswahlentscheidung des Veranstalters ab. Ausschlaggebend sei, dass die Klägerin im Reisegewerbe, also außerhalb ihrer gewerblichen Niederlassung tätig werde. An diesen betrieblichen Verhältnissen habe sich die Zuordnung zu orientieren. Wäre die Klägerin Eigentümerin der Flächen, wäre sie nicht im Reisegewerbe, sondern im stehenden Gewerbe anzusiedeln.
Hilfsweise seien die Hinzurechnungen insoweit zu kürzen, als in den Standmieten nicht gesondert ausgewiesene Nebenkosten im Sinne von Betriebskosten enthalten seien. Soweit diese Nebenkosten offen ausgewiesen seien, machten sie 17,05 % (2014) und 18,01 % (2015) aus (vgl. Bl. 15 f der Rb-Akte und Anlage 5 zum Schriftsatz vom 9. November 2021). Die Aufw...