rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachdienlichkeit einer Teileinspruchsentscheidung. Verfassungswidrigkeit der Rentenbesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Sachdienlichkeit des Erlasses einer Teileinspruchsentscheidung ist in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar.

2. Eine verfassungwidrige doppelte Besteuerung liegt vor, wenn die den Klägern voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge geringer sind als die von ihnen aus versteuertem Einkommen bezahlten Altersvorsorgeaufwendungen.

3. Um überprüfen zu können, ob dies der Fall ist, hat der Steuerpflichtige darzulegen, in welchen Zeiträumen er welche Altersvorsorgeaufwendungen bezahlt hat. Eine generelle Vermutung der Verfassungswidrigkeit der Rentenbesteuerung besteht nicht.

 

Normenkette

AO § 367 Abs. 2a, § 5; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Teil-Einspruchsentscheidung hätte ergehen dürfen.

Die mit einander verheirateten Kläger werden vom Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind beide Rentner und erhalten eine gesetzliche Altersrente. Der Kläger trat am …2010 und die Klägerin am …2008 in die Altersrente ein. Bei der Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung für 2018 beantragten sie u.a. die „Festsetzung unter Berücksichtigung eines entsprechenden Vorbehalts der Nachprüfung” in Bezug auf das grundsätzliche Übermaß der Besteuerung von Renten. Der Beklagte erließ am …2019 den Einkommensteuerbescheid für 2018 und setzte die Einkommensteuer erklärungsgemäß auf EUR … fest. Des Weiteren erklärte er den Bescheid für teilweise vorläufig. Beim Kläger ging er von einer Jahresrente von EUR … aus, von der EUR …. steuerpflichtig waren. Bei der Klägerin nahm er die Jahresrente mit EUR … an, wovon EUR … steuerpflichtig waren. Des Weiteren lehnte der Beklagte das Setzen des Vorbehaltes der Nachprüfung mit der Begründung ab, dass hierzu die allgemeinen Vorläufigkeiten im Bescheid gesetzt seien.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und beantragten die Anordnung der Vorläufigkeit für den Einkommensteuerbescheid 2018 u.a. in Bezug auf ein anhängiges Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (Az. X B 122/18, nunmehr X R 20/19) wegen des grundsätzlichen Übermaßes der Rentenbesteuerung. Am …2019 erließ der Beklagte eine Teil-Einspruchsentscheidung und wies den Einspruch in Bezug auf die Anordnung der Vorläufigkeit wegen des beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahrens als unbegründet zurück.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der Einkommensteuerbescheid 2018 in Bezug auf die grundsätzliche Übermaßbesteuerung von Altersrenten zum Ruhen zu bringen sei. Der Beklagte habe das genannte Bezugsverfahrens vor dem Bundesfinanzhof ignoriert und keine Sachverhaltsermittlung angestellt. Es liege durch die Überraschungs-Teil-Einspruchsentscheidung eine Rechtsschutzverkürzung vor. Das Ruhen sei wegen der Komplexität der Rentenbesteuerung erforderlich. Die Grundlagen für eine Berechnung von Doppelbesteuerungen seien strittig, daher wäre eine finanzmathematische Berechnung nicht möglich. Es lägen generelle Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung vor, sodass die Verfahren beim Bundesfinanzhof Musterverfahren seien. Auch in anderen Fällen habe der Beklagte Einspruchsverfahren zum Ruhen gebracht und es seien auch andere Verfahren an den Finanzgerichten anhängig.

Die Eintrittstermine der Kläger in die Altersrente lägen nach 2005, sodass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Doppelbesteuerung vorliege. Die Kläger hätten viele Jahre Pflichtbeiträge gezahlt, daher sei der Sachverhalt dem unter X R 20/19 beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren vergleichbar.

Die Kläger beantragen,

die Teil-Einspruchsentscheidung vom …2019 aufzuheben und das Ruhen im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren X R 20/19 anzuordnen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Anordnung des Ruhens der Steuerfestsetzung nicht geboten gewesen sei, weil die Kläger nicht dargelegt hätten, inwieweit bei ihnen eine mögliche verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliege. Das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof X R 20/19 sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Dies gelte auch für das Verfahren X R 33/19, weil im dortigen Verfahren konkrete Berechnungen hinsichtlich einer möglichen Doppelbesteuerung vorgelegen hätten, hier aber nicht. Der Beklagte habe sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

Die Voraussetzung für eine Verfahrensruhe des Einspruchsverfahrens wäre nicht gegeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftstücke, die zu Gericht gereichten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2020 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und unbegründet.

I.

Auf Nachfrage des Senats gab der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung an – und h...

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