Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG bei Tätigkeit im Bereich der Erwachsenenbildung als selbständiger Lehrer an privaten Bildungseinrichtungen. Umsatzsteuer 2002
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine als Institut auftretende, im Bereich der Erwachsenenbildung tätige natürliche Person kann grundsätzlich nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG steuerbefreit sein, wenn sie über die erforderliche Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügt.
2. Unterrichtet die natürliche Person als selbständige Lehrerin in eigener Person für private Auftraggeber an deren privaten Einrichtungen, die über die erforderliche Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügen, sind ihre Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG steuerbefreit. Das gilt aber nicht, wenn sie sich bei der Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten regel- und planmäßig durch andere Dozenten vertreten lässt und das von den Bildungseinrichtungen erhaltene Honorar (teilweise) zur Begleichung des ihr von den Dozenten in Rechnung gestellten Honorars einsetzt. Das entspricht auch der Rechtslage nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst j, i der 6. EG-Richtlinie.
3. Soweit die Umsatzsteuerrichtlinien (hier: Absch. 112a Abs. 2 S. 4, Abs. 1 S. 3 UStR) der 6. EG-Richtlinie nicht entsprechen, sind sie für das Finanzgericht nicht verbindlich.
Normenkette
UStG 2002 § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchstabe bb, Buchst. b Doppelbuchstabe bb; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j, i
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin war im Streitjahr im Bereich der Erwachsenenbildung tätig. Gegenstand des Unternehmens ist das „…” (Institut). Über eine Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 21 a) bb) des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) verfügen die Klägerin bzw. deren Institut nicht.
Im Streitjahr hat die Klägerin gegenüber der D GmbH (D) und der P GmbH (P), die beide über Bescheinigungen i.S. des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG verfügen, Unterrichtsleistungen erbracht. Soweit sie nicht -wie vertraglich vereinbart (vgl. Bl. 8 f.)- persönlich unterrichtet hat, hat die Klägerin freiberufliche Dozenten mit der Ausführung des Unterrichts beauftragt. In diesen Fällen vereinnahmte die Klägerin das mit der D bzw. der P vereinbarte Entgelt und reichte hernach das ihr von den Dozenten in Rechnung gestellte Honorar an diese weiter. In den Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste und zweite Quartal 2002, die Gegenstand einer Umsatzsteuersonderprüfung waren, hat die Klägerin bezüglich der persönlich und durch Dritte erbrachten Unterrichtsleistungen -wie auch später in der Jahreserklärung- insgesamt umsatzsteuerfreie Umsätze gemeldet. Aufgrund der Feststellungen im Prüfungsbericht vom 17. April 2003 hat der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die mit dem Einsatz freiberuflicher Dozenten erbrachten Umsätze (Entgelt 43.872 EUR) mit dem Nettobetrag von 37.821 EUR als umsatzsteuerpflichtig angesehen. Neben weiteren, hier nicht streitigen Änderungen erhöhte das FA die ermäßigt besteuerten Umsätze aufgrund festgestellter Buchverkäufe um 26 EUR. Die Feststellungen fanden sämtlich ihre Auswertung im geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das zweite Quartal 2002 vom 5. Mai 2003. Im Einspruchsverfahren erging der Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 4. Juli 2003, dem das FA neben den Prüfungsfeststellungen entsprechend geschätzte steuerpflichtige Mehrumsätze für das zweite Halbjahr 2002 in Höhe von 35.000 EUR zugrunde gelegt hat. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 25. August 2003 hat die Klägerin vorliegende Klage erhoben.
Die Klägerin macht im wesentlichen geltend, sie habe die Umsatzsteuererklärung 2002 abgegeben, ohne auf die Bitte des FA einzugehen, die Honorarzahlungen in solche für eigene Dozententätigkeit und solche für das Tätigwerden anderer Referenten aufzuteilen; eine solche Aufteilung hätte ein Abweichen von ihrer bisherigen Rechtsposition dargestellt. Ungeachtet der von einem Wirtschaftsprüfer testierten Einnahmen-Überschußrechnung habe das FA, ohne die Zahlen aus der Erklärung mit 7.092 EUR bzw. 399 EUR zu übernehmen, die Umsätze zu 16 % mit 80.442 EUR und die zu 7 % mit 425 EUR geschätzt. Bereits die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei unzulässig, nachdem sie ihren Auskunfts- und Vorlagepflichten vollumfänglich nachgekommen sei.
Das FA gehe fehl in der Annahme, die Befreiung des § 4 Nr. 21 b) bb) UStG gelte nur, wenn der selbständige Lehrer die Unterrichtsleistung in eigener Person ausführt. Davon abgesehen, daß das Hinzufügen eines im Gesetz nicht enthaltenen Tatbestandsmerkmals unzulässig sei, böten Gesetz und Verwaltungsvorschrift keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Ansicht. Insbesondere Abschnitt 112a Abs. 1 Satz 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) stelle klar, daß die Befreiung auch für juristische Personen gelte, die Unterrichtsleistungen in eigener Person gar nicht erbringen können. Nach Abschnitt 112a Abs. 2 Sa...