Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer auf den durch rechtskräftigen Insolvenzplan entstandenen Sanierungsgewinn als Masseverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Entsteht aufgrund eines bestätigten und rechtskräftig gewordenen Insolvenzplans während eines in Eigenverwaltung durchgeführten Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft durch den teilweisen Forderungsverzicht der Gläubiger ein Sanierungsgewinn, so ist die hieraus resultierende Körperschaftsteuer keine Insolvenzforderung, sondern eine Masseverbindlichkeit (gegen LG Düsseldorf, Beschluss v. 21.9.2015, 25 T 404/15).
Normenkette
InsO §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 217, 254 Abs. 1, §§ 257, 227 Abs. 1; AO § 251
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein sog. Sanierungsgewinn aufgrund eines Insolvenzverfahrens gewinnwirksam ist.
Die Klägerin (Kl.) wurde mit Gesellschaftsvertag vom 16. Nov. 1990 gegründet und am 9. März 1992 als S. im Handelsregister eingetragen (Bl. 164 DU I). Sie beantragte am 13. April 2006 wegen Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und die Anordnung der Eigenverwaltung. Mit Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 2. Mai 2006 (Bl. 37 DU II) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kl. eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Im Insolvenzverfahren wurde ein Insolvenzplan erstellt. Das Amtsgericht Chemnitz hob mit Beschluss vom 10. März 2009 das Insolvenzverfahren auf (Bl. 152 DU II), nachdem der bestätigte Insolvenzplan vom 8. Jan. 2009 (Bl. 133 DU II) zum 31. Dez. 2008 rechtswirksam geworden war. Am 19. März 2009 beschloss die Gesellschafterversammlung die Fortsetzung der Gesellschaft. Der Beschluss wurde am 23. März 2009 ins Handelsregister eingetragen (Bl. 164 Rs. DU I).
Am 1. Okt. 2010 gingen die (berichtigte) Körperschaftsteuererklärung 2008 der Kl. und ein (berichtigter) Jahresabschluss 2008 beim FA ein (Bl. 16 ff. KSt). Die berichtigte Handelsbilanz enthielt unter der Position Eigenkapital einen Sanierungsgewinn i.H.v. … EUR (Bl. 22 KSt). Die Gewinn- und Verlustrechnung wies als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit … EUR und einen „außerordentlichen Ertrag – Insolvenzplan” i.H.v. … EUR aus. Die Kl. erläuterte, dass sich der Sanierungsgewinn von … EUR aus dem genehmigten Sanierungsplan ergebe (Schreiben vom 31. Jan. 2012, Bl. 42 KSt).
Mit Bescheid vom 19. Nov. 2012 über Körperschaftsteuer (KSt) und Solidaritätszuschlag für 2008 setzte das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) die KSt auf … EUR fest. Dabei wurden der aus dem Insolvenzplan resultierende Buchgewinn (… EUR) erfasst und mit dem Verlustvortrag zum 31. Dez. 2007 i.H.v. … EUR verrechnet. Mit Bescheid vom 19. Nov. 2012 (Bl. 4 Rb) stellte das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung den verbleibenden Verlustvortrag zur KSt zum 31.12.2008 gesondert auf … fest. Mit Bescheid vom 19. Nov. 2012 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 S. 3 KStG zum 31.12.2008 (Bl. 5 Rb) stellte das FA das steuerliche Einlagekonto i.H.v. … EUR und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital i.H.v. … EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß fest.
Die Einsprüche der Kl. gegen die Bescheide blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 21. Aug. 2014). Nach Klageerhebung hob das FA mit Bescheiden vom 7. Dez. 2017 den Vorbehalt der Nachprüfung in den angefochtenen Bescheiden auf (Bl. 27, 23, 30 GA).
Die Kl. meint, der streitige Gewinn sei bereits im Insolvenzverfahren angelegt. Der Rechtsgrund habe schon bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, da mit der Eröffnung ein neues Geschäftsjahr beginne (§ 155 Abs. 2 AO). Der Forderungsausfall werde bereits in der Insolvenzeröffnung für die Zwecke des § 156 InsO gezeigt und sei somit den Gläubigern bekannt. Der Gewinn entstehe bereits zu diesem Zeitpunkt. Das FA hätte Steuerforderungen des Jahres 2008 auf der Basis der von den Gläubigern beschlossenen Planbedingungen „zumindest dem Grunde nach” im Erörterungstermin anmelden müssen. Eine mögliche Steuerverbindlichkeit der Nachfolgegesellschaft aufzuerlegen, führe zu einer Privilegierung des Fiskus.
Dass gem. § 254 Abs. 1 InsO mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten eintreten, bedeute nicht, dass der Steueranspruch erst zu diesem Zeitpunkt entstehe, da nach der Rechtskraft nur noch zu erfüllen sei. Sämtliche Steuerforderungen, die auf Basis eines Insolvenzplans und während des Insolvenzzeitraums entstehen, seien Bestandteil der Insolvenzmasse bzw. des Insolvenzplans, da sie durch die Zustimmung der Gläubiger zum Plan entstehen. Da die Insolvenzschuldnerin mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Zahlungsverpflichtung befreit werde, sei der Ertrag ...