Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückgängigmachung eines Bauvertrags nach Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen nach dem FördG als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
Sind Sonderabschreibungen auf Anzahlungen aufgrund eines Bauvertrags über die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses nach dem FördG in Anspruch genommen und ist der Bauvertrag später rückabgewickelt worden, so sind die Voraussetzungen eines Begünstigungstatbestands nach § 3 FördG endgültig nicht mehr erfüllt mit der Folge, dass die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen nicht mehr besteht. Die Rückgängigmachung des Bauvertrags ist ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 Nr. 2; FördG §§ 3, 4 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Rückgängigmachung eines Bauvertrages ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO – ist, wenn zuvor Sonderabschreibungen auf Anzahlungen aufgrund dieses Bauvertrages nach dem Fördergebietsgesetz – FördG – in Anspruch genommen wurden.
Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 18.7.2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 (Bl. 28 der Akten über die gesonderte/einheitliche Feststellung der Einkünfte) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.5.2003 (Bl. 24 der Rechtsbehelfsakte).
Mit Kaufvertrag vom 27.11.1992 (Bl. 1 der Akte Dauerunterlagen) kaufte die Klägerin das Grundstück E. in L.. Des weiteren schloss sie im Jahr 1992 einen Generalübernehmer-/Bauträgervertrag ab, um auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. Das Entgelt sollte 3.046.425,– DM einschließlich Umsatzsteuer betragen, eine Anzahlung i.H.v. 2.700.000,– DM war von ihr bis zum 30.12.1992 im Voraus zu leisten. Zur Sicherung des Kaufpreises hatte der Generalübernehmer eine unbefristete Bürgschaft eines deutschen Kreditinstitutes zu stellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Generalübernehmer-/Bauträgervertrag (Bl. 18 der Akte Dauerunterlagen) verwiesen.
Die Klägerin reichte am 30.3.1993 die Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 vom 26.3.1993 ein. Darin erklärte sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. ./. 1.860.812,– DM, die sich aus Einnahmen i.H.v. 0,– DM, Sonstigen Aufwendungen i.H.v. 715.204,– DM, Neutralen Aufwendungen i.H.v. 6.420,– DM und den hier streitigen Sonderabschreibungen nach § 4 Fördergebietsgesetz i.H.v. 1.139.188,– DM zusammensetzten. Der Beklagte stellte die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom 20.10.1993 erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Im Jahr 2001 führte das Finanzamt L bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer kürzte die Werbungskosten um die in Anspruch genommene Sonderabschreibung und stellte hierzu fest:
„Sonderabschreibungen auf Anzahlungen können vorgenommen werden, soweit es sich bei den Anzahlungen um Zahlungen für einen Begünstigungstatbestand des Fördergebietsgesetzes handelt. Es war geplant, das[] Grundstück mit einem Gebäude zu bebauen. Die geleistete Anzahlung war demnach begünstigt. Mit Rückabwicklung des Bauvertrages in 1998 entfallen die Voraussetzungen des § 1 und des § 3 des Fördergebietsgesetzes. Die Sonderabschreibungen sind rückzubuchen. Dies hat in der Veranlagung zu erfolgen, in welcher die Sonderabschreibungen gewährt wurden. Betroffen ist das Jahr 1992.
Der Steuerbescheid für das Jahr 1992 ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung zu ändern. Die Rückabwicklung und der Wegfall der Voraussetzungen für die Sonderabschreibungen stellt steuerlich ein rückwirkendes Ereignis dar. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eintrat. Eine Änderung ist bis zum 31.12.2002 möglich. …” Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 8.1.2002 (Bl. 3 der Akten über die Betriebsprüfung) verwiesen.
In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 vom 26.3.1993 wurde den Steuerberatern R und S Empfangsvollmacht für alle Beteiligten erteilt. Mit Bescheid vom 22.4.2002, bekannt gegeben an die S und Partner Steuerberatungsgesellschaft, änderte der Beklagte die Feststellung unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO entsprechend dem Betriebsprüfungsbericht. Hiergegen legte einerseits die S Steuerberatungsgesellschaft mbH und andererseits Herr Dipl.-Kfm. W Einspruch ein. Herr Dipl.-Kfm. W erklärte, er sei beauftragt von Herrn Dr. T., einem Gesellschafter der Klägerin. Am 18.7.2002 erließ der Beklagte nunmehr unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO den angefochtenen Besch...