Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine freiberufliche Tätigkeit einer zweigliedrigen Kfz-Prüfingenieurs-GbR bei eigenverantwortlicher Erledigung der meisten Aufträge der GbR nicht durch die Gesellschafter der GbR, sondern durch angestellte Prüfingenieure
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine aus zwei Diplom-Ingenieuren bzw. Prüfingenieuren bestehende GbR, die u. a. Beweissicherungsgutachten für Kfz erstellt, Kraftfahrzeuge bewertet, Hauptuntersuchungen und Abgasuntersuchungen für Fahrzeuge durchführt, ist mangels leitender und eigenverantwortlicher Tätigkeit der Gesellschafter insgesamt gewerblich und damit gewerbesteuerpflichtig tätig, wenn von den von der GbR im Jahr insgesamt ausgeführten Aufträgen (hier: 9.276 Aufträge) der weitaus überwiegende Anteil (hier: 7.965 Aufträge) nicht von den GbR-Gesellschaftern, sondern von drei angestellten Prüfingenieuren jeweils eigenverantwortlich und ohne Beteiligung der Gesellschafter erledigt worden ist.
2. Der Umstand, dass die Berufsausübung der Prüfingenieure gesetzlich stark reglementiert ist, dass die GbR eine staatliche Prüfaufgabe wahrnimmt, dass die Gesellschafter stichprobenartige Kontrollen bei den von Mitarbeitern erledigten Aufträgen machen sowie dass alle Prüfprotokolle im Namen der GbR ergehen, kann eine Freiberuflichkeit der von der GbR erbrachten Leistungen nicht begründen.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 15 Abs. 2 S. 1; GewStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und ob sie gewerbesteuerpflichtig ist.
Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Erstellung von Beweissicherungsgutachten und der Bewertung von Kraftfahrzeugen tätig, sie führt Hauptuntersuchungen sowie Abgasuntersuchungen durch und erbringt weitere Prüftätigkeiten. Neben den Gesellschaftern, die beide Diplom-Ingenieure (FH) und Prüfingenieure von Beruf sind, beschäftigt sie drei weitere Prüfingenieure. Sie ist Mitglied in der Prüforganisation KÜS (Kraftfahrzeugüberwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger).
Sie ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Für das Jahr 2009 reichte sie eine Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung ein und erklärte Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von EUR ….
Der Beklagte führte bei der Klägerin eine betriebsnahe Veranlagung durch. Dabei gelangte die Prüferin zu der Auffassung, dass die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele und gewerbesteuerpflichtig sei. Die Tätigkeit der Klägerin gliedere sich wie folgt auf:
|
Gesamt |
A |
B |
Angestellte |
Hauptuntersuchungen |
6.722 |
1.024 |
129 |
5.589 |
Abgasuntersuchungen |
1.360 |
0 |
0 |
1.360 |
Anbauabnahmen |
224 |
41 |
1 |
182 |
Feinstaubplaketten |
228 |
0 |
0 |
228 |
Sonstige Prüftätigkeit |
742 |
101 |
15 |
626 |
|
|
|
|
|
Summe |
9.276 |
1.166 |
145 |
7.965 |
Damit erbrächten die Angestellten den größten Teil der Prüfaufgaben, eine eigenverantwortliche Tätigkeit der Gesellschafter der Klägerin liege nicht mehr vor.
Der Beklagte folgte der Ansicht der betriebsnahen Veranlagung und setzte mit Bescheid vom … den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 auf EUR … fest. Am selben Tag erließ er den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer für 2009 und stellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR … fest. Dagegen legte die Klägerin jeweils Einspruch ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom … als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Klägerin durch ihre Gesellschafter eine freiberufliche Tätigkeit ausübe und nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliege. Die Hauptuntersuchung (HU) sei bundesgesetzlich geregelt, die durch die KÜS überprüft würden. Prüfingenieure hätten die gesetzlichen Untersuchungskriterien umzusetzen und Pflichtuntersuchungen persönlich durchzuführen, sie seien insoweit Beliehene, die staatliche Aufgaben wahrnehmen würden. Damit liege eine eigenverantwortliche Tätigkeit der Prüfer vor. Die Gesellschafter der Klägerin würden darüber hinaus die technischen Voraussetzungen für die Prüfingenieure schaffen, damit die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfaufgaben umgesetzt werden könnten, so insbesondere die Prüfstellen unterhalten, in denen die Prüfungen durchgeführt und dokumentiert würden. Da gesetzlich eine Sichtprüfung bei der HU vorgeschrieben sei, schulde die Klägerin keinen Erfolg, sondern lediglich die Einhaltung von zertifizierten Prüfstandards. Die eigenverantwortliche Tätigkeit bestehe daher vor allem aus der Kontrolle und der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die Prüfung. Es würden im Unterschied zu medizinischen Fällen keine Diagnosen erstellt und Behandlungsmethoden vorgegeben, sondern lediglich Feststellungen nach vorgegebenen Prüfzyklen getroffen und diese den Kunden bekannt gegeben. Eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Prüfinge...