Entscheidungsstichwort (Thema)
Von der Kommune vereinnahmte, an eine Abwasserbeseitigungs-GmbH weitergeleitete Abwasserbeiträge als umsatzsteuerpflichtige Entgelte der GmbH. Umsatzsteuer 1995
Leitsatz (redaktionell)
Hat eine mehrheitlich beteiligte Stadt einer GmbH die Abwasserbeseitigung übertragen und sind nach dem Betreibervertrag Erweiterungen und Ergänzungen der Abwasserentsorgungsanlagen von der GmbH durchzuführen und von der Stadt durch kostendeckende Abwasserbeiträge zu finanzieren, so stellen die von der Stadt von den Grundstückseigentümern erhobenen und auf ein Konto der GmbH geleiteten Abwasserbeiträge ein Entgelt für die von der GmbH durchgeführte Erweiterung der Kläranlage (sowie damit zusammenhängende Maßnahmen) als eine von der GmbH gegenüber der Stadt erbrachte steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung dar.
Es steht der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegen, dass die GmbH damit nur ihrem gesellschaftsvertraglichen Zweck nachkommt und nur der Stadt als ihrem Gesellschafter gegenüber tätig wird.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 3, § 3 Abs. 9, § 10 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Kläranlage W. GmbH (GmbH), die die Abwasserbeseitigung im Gemeindegebiet der Stadt W. betrieb und deren Stammkapital zu 55 v.H. von der Stadt W. und zu 45 v.H. von der Umwelttechnik So. GmbH gehalten wurde. Nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH waren Gegenstand des Unternehmens die Planung, der Bau, der Betrieb und die Verwaltung von Einrichtungen der Abwasserbehandlung, die Führung der Geschäfte von Betrieben und Anlagen der Abwasserbehandlung, die fachliche Beratung von Unternehmen der Abwasserbehandlung sowie alle Werk- oder Dienstleistungen für solche Unternehmen. Gegenstand der Gesellschaft war insbesondere der Betrieb von Betrieben und Anlagen der Abwasserbehandlung für Dritte aufgrund von Betreiberverträgen oder Dienstleistungsverträgen.
Die GmbH hatte mit der Stadt W. am 22. Juni 1993 einen Betreibervertrag geschlossen, in dem u.a. folgendes vereinbart war:
„§ 1 Vertragsgegenstand, Vertragszweck
Die Betreiberin verpflichtet sich, ein nach dem Stand der Technik und der Umwelttechnik, insbesondere unter Berücksichtigung der gegebenen Gesetzeslage nach Bundes- und Landesrecht sowie etwaigem EG-Recht erforderliches Abwassersystem mit allen den Regeln der Umwelttechnik notwendigen Einrichtungen, Bestandteilen und Zubehör im eigenen Namen zu errichten und auf eigene Rechnung zu betreiben
§ 5 Erweiterung, Bauliche Maßnahmen
(1) Ergibt sich … die Notwendigkeit der Erweiterung oder Ergänzung des Abwassersystems zur Entsorgung des gesamten Abwasseraufkoinmens des kommunalen Hoheitsgebietes der Gemeinde, steht der Betreiberin das alleinige Recht zu, die notwendigen Erweiterungs- und Ergänzungsmaßnahmen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen.
(6) Die Gemeinde verpflichtet sich, für die Erweiterung des Kanalnetzes kostendeckende Anschlussbeträge zu erheben. Nicht durch Beträge gedeckte Erweiterungsinvestitionen verändern den Abwasserpreis.”
Zu den Vereinbarungen im einzelnen verweist der Senat auf den Betreibervertrag vom 22. Juni 1993.
Am 31. August 1994 hat der Stadtrat die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung in der Stadt W. beschlossen. Nach § 20 Abs. 1 der genannten Satzung erhebt die Gemeinde zur angemessenen Ausstattung der öffentlichen Abwasserbeseitigung mit Betriebskapital einen Abwasserbeitrag. Dieser Regelung entsprechend erließ die Stadt W. im Streitjahr 1995 Bescheide über einen Abwasserbeitrag. Bei dem in den Beitragsbescheiden genannten Konto, auf das die Grundstückseigentümer im Mai 1995 Gebühren i.H. von 248.920 DM und im Juni 1995 Gebühren i.H. von 1.989.326 DM, insgesamt also 2.238.246 DM (vgl. hierzu III. des Berichts vom 18. November 1996 über die USt-Sonderprüfung) einzahlten, handelte es sich um ein Konto der GmbH. Hiervon wurden von der GmbH im Streitjahr 2.169.152 DM, der Rest im Folgejahr für Investitionen ausgegeben.
Vor Beginn des Streitjahres ist von der GmbH ein Wirtschaftsplan aufgestellt worden, der Investitionen von ca. 6.000.000 DM vorgesehen hat. Zur Realisierung dieses Planes in der vorgesehenen Höhe kam es nicht, weil die Anschlussbeiträge nicht in dieser Höhe vereinnahmt wurden.
Die GmbH hat die vereinnahmen Abwasseranschlussbeiträge in ihrem Jahresabschluss auf den 31.12.1995 als Verbindlichkeiten gegenüber der Stadt W. ausgewiesen (vgl. Bl. 8, 11 des Jahresabschlusses) und im Jahresabschluss auf den 31.12.1997 auf das Kapitalkonto umgebucht.
Am 30. September 1996 schloss die Stadt W. mit der GmbH eine Vereinbarung über die Durchführung der unselbständigen Verwaltungshilfe und einen Treuhandvertrag. Zu den Vereinbarungen im einzelnen verweist der Senat auf die genannten Verträge.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) setzte nach einer Umsatzsteuer (USt)-S...