rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung gezahlter Reisekosten in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug bei Darbietungen beschränkt steuerpflichtiger Künstler. Proben und Aufführung sind eine einheitliche Darbietung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug bei Darbietungen beschränkt steuerpflichtiger Künstler (hier Artisten) sind neben den für die Darbietungen geleisteten Zahlungen auch Reisekostenerstattungen als geldwerter Vorteil einzubeziehen.

2. Die Einnahmen sind nicht in Einnahmen für Proben und solche für Shows aufzuspalten. Eine Probe ist keine eigene Show bzw. Darbietung.

 

Normenkette

EStG § 50a Abs. 4, § 8 Abs. 1, 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.03.2011; Aktenzeichen I B 178/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Haftung der Klägerin für nicht angemeldete Abzugssteuern bei Vergütungen an beschränkt steuerpflichtige Künstler.

Die Klägerin engagierte 2004 und 2005 folgende ausländische Artisten (Jongleur, Kraftakrobaten etc.) für verschiedene Veranstaltungen im Inland, für die sie lt. ihren Abrechnungen folgende Zahlungen (einschließlich Fahrtkosten) leistete:

2004:

Name

Personen

Proben

Auftritte

Entgelt

22. Oktober

A

5

2

1

EUR 4.125

6. September

B

1

5

1

EUR 1.400

14. September

B

1

7

1

EUR1.900

7. Dezember

B

1

0

13 (12 Showtage)

EUR 3.040

23. September

C

2

3

1

EUR 2.500

3. April

D

2

1

1

EUR 3.100 (zzgl. Zahlung Steuern)

2005:

Name

Personen

Proben

Auftritte

Entgelt

3. März

E

11

2

1

EUR 7.000

8. Dezember

F

3

2

1

EUR 2.001

7. September

G

1

30

1

EUR 7.860

10. September

H

1

5

1

EUR 1.400

19. April

I

5

2

1

EUR 3.500

Eine Anmeldung der Abzugssteuern erfolgte nicht. Der Beklagte nahm die Klägerin deshalb nach Durchführung einer Lohnsteuer-Außenprüfung (Bericht vom 27. März 2006) mit Bescheid vom 18. Juli 2006 in Höhe von insgesamt EUR 6.592,84 in Haftung, wobei er zur Ermittlung des Steuersatzes das jeweilige Entgelt geteilt durch die Anzahl der Personen und die Anzahl der Showtage ansetzte. Den Einspruch wies der Beklagte am 4. Juni 2010 zurück.

Die Klägerin bringt vor, da die Künstler an verschiedenen Schauplätzen mit unterschiedlicher Bühnenbeschaffenheit die aufzuführende Show jedes Mal neu entwickeln und probieren müssten, erhielten sie für die jeweiligen Probentage und die Show eine Gage. Die Bezeichnung Probe sei nicht im herkömmlichen Sinn zu verstehen, da sie als kleine Shows anzusehen seien. Dafür erhielten die Künstler als Mitproduzenten eine Gage. Die Einnahmen würden daher pro Darbietung nicht EUR 233 übersteigen.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid über Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG vom 18. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze, die zu Gericht gereichten Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2010 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht für auf Einnahmen für ausländische Artisten entfallende Abzugsteuer nach § 50a Abs. 4 EStG in Haftung genommen.

Gemäß § 50a Abs. 4 S. 5, 6 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung, unterliegt dem Steuerabzug der volle Betrag der Einnahmen einschließlich der Beträge im Sinne des § 3 Nr. 13 und 16 EStG. Abzüge, z.B. für Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und Steuern, sind nicht zulässig. Der Steuerabzug beträgt bei im Inland ausgeübten künstlerischen, sportlerischen und artistischen oder ähnlichen Darbietungen bei Einnahmen bis EUR 250 0 vom Hundert, bis EUR 500 10 vom Hundert, bis EUR 1000 15 vom Hundert und über EUR 1.000 20 vom Hundert der gesamten Einnahmen. Vorliegend handelt es sich um artistische Darbietungen (Kraftakrobat, Jongleur) die dieser Regelung unterfallen. Die Einnahmen unterfallen entgegen der Ansicht der Klägerin aber nicht dem Steuersatz von 0 vom Hundert, sondern den von der Lohnsteuer-Außenprüfung zugrunde gelegten Sätzen.

Zur Auslegung dieses Einnahmenbegriffes ist auf § 8 Abs. 1 EStG, d. h. alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkommensarten zufließen, zurückzugreifen – auch soweit es sich um Einnahmen handelt, die aus einer selbständigen künstlerischen – vorliegend artistischen – Tätigkeit fließen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes vom 27. Juli 1988, BStBl II 1989, 449). Hiernach sind neben den für die Darbietungen geleisteten Zahlungen auch – wie hier von der Klägerin – gezahlte Reisekosten als geldwerter Vorteil (vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG) in die Bemessungsgrundlage des erforderlichen Steuerabzuges einzubeziehen (Urteil des Finanzgerichtes München vom 1. Juli 1998, EFG 1998, 1411).

Die Einnahmen sind jedoch nicht in Einnahmen für Proben und solche für Shows aufzuspalten. ...

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