Entscheidungsstichwort (Thema)
Festhaltung an den Grundsätzen der Überversorgungs-Rechtsprechung des BFH im Zussammenhang mit einer Pensionszusage ungeachtet zwischenzeitlich geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nach wie vor an den aus § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 i. V. m. Nr. 2 Halbs. 2 EStG abgeleiteten Überversorgungs-Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung festzuhalten, wonach typisierend eine zur Kürzung der Pensionsrückstellung führende Überversorgung anzunehmend ist, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Ebenso mit einzubeziehen in die Überversorgungsprüfung sind Direktversicherungen und weitere Formen der betrieblichen Altersversorgung über Pensionskassen bzw. Pensionsfonds.
2. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht dadurch überholt, dass
- das vormalige handelsrechtliche Passivierungswahlrecht für Neuzusagen ab 1987 nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB einer Passivierungspflicht gewichen ist,
- die Rechtsprechung, insbesondere des BAG, die arbeitsrechtliche Anpassung von Direktzusagen sowie von Zusagen über eine Unterstützungskasse nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bzw. nach Treu und Glauben zunehmend erschwert hat,
- vor dem Hintergrund des Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung der Renten und der Erhebung von Kranken- und Pflegekassenbeiträgen von Rentnern mittlerweile je nach Interessenlage ein Gesamtversorgungsniveau von 80 % bis 90 % der letzten Aktivbezüge für erforderlich gehalten wird, um den Lebensstandard im Alter erhalten zu können,
- der Gesetzgeber mit der Einführung von § 3 Nr. 63 EStG eine quantitative Wertung in Form einer allgemein gültigen Üblichkeitsregel auf Ebene der Arbeitnehmer geschaffen hat.
3. Eine fest zugesagte Anwartschaftsdynamik (hier: von 5 % pro künftiges Dienstjahr bei Zusage über eine Unterstützungskasse) ist mangels Ungewissheit zwar für sich genommen keine unzulässige Vorwegnahme eines säkularen Einkommenstrends. Führt sie aber zu einer Überversorgung im oben dargestellten Sinne, kann sie sehr wohl dazu beitragen, dass insgesamt eine noch ungewisse Einkommensentwicklung vorweggenommen wird.
Normenkette
EStG § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 1, § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4, § 3 Nr. 63; HGB § 249 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob aufgrund einer Überversorgung Rückstellungen für Versorgungszusagen an Arbeitnehmer teilweise aufzulösen sind und der Betriebsausgabenabzug für Zuwendungen an eine Unterstützungskasse, die Arbeitnehmern Versorgungszusagen erteilte, teilweise zu versagen ist.
Die Klägerin betreibt eine Fleischerei mit mehreren Verkaufsfilialen.
Im 2004 erteilte sie 16 Arbeitnehmern, die am 01.12.2004 das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatten, und im Januar 2005 einem erst 2005 eingetretenen Arbeitnehmer, der am 01.12.2005 das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte, Versorgungszusagen in Form einer monatlichen Altersrente in Höhe von 353 EUR für den Fall des Ausscheidens aus dem Betrieb nach Vollendung des 65. Lebensjahres mit einer Rentendynamik von 1% jährlich. Bei vorzeitigem Ausscheiden, frühestens aber nach Vollendung des 60. Lebensjahres, sollte die Altersrente auf Verlangen sofort fällig werden und für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme um 0,5% gekürzt werden. Ein Anspruch auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung sollte bestehen bleiben, wenn der Berechtigte bei vorzeitigem Ausscheiden das 30. Lebensjahr vollendet und die Zusage mindestens 5 Jahre bestanden hat. Wegen der Höhe wurde auf § 2 Abs. 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge – BetrAVG – verwiesen.
Ferner richtet die Klägerin über eine Unterstützungskasse, die Gbt e.V., 2004 für 23 Arbeitnehmer, die zum 01.12.2004 das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, und 2005 für vier weitere erst 2005 eingetretene Arbeitnehmer, die zum 01.12.2005 das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, eine betriebliche Altersversorgung ein. Nach dem Leistungsplan sollte die monatliche Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres 353,11 EUR mit einer Anwartschaftsdynamik von 5% pro künftiges Dienstjahr betragen. Die Regelungen für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens entsprachen denen der den älteren Arbeitnehmer erteilten direkten Versorgungszusagen, allerdings ohne Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung. Nach Kassenlage konnte die Unterstützungskasse den Hinterbliebenen ein Sterbegeld von 5000 EUR zur Verfügung stellen. Die Klägerin behielt sich vor, die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung über die Unterstützungskasse zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die seit Beginn der Zusage maßgebenden Verhältnisse so wesentlich ändern sollten, dass eine Aufrechterhaltung der Versorgung im vorgesehenen Umfang nicht zugemutet w...