Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Existenzgründungsbeihilfen. Einkommensteuer 1996
Leitsatz (amtlich)
Existenzgründungsbeihilfen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Freistaates Sachsen nach dem Programm „Arbeit und Qualifizierung für Sachsen” sind in entsprechender Anwendung des § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 27. März 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Februar 1999 wird dahingehend geändert, daß die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt wird.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob im Veranlagungszeitraum 1996 geleistete Existenzgründungsbeihilfen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und Landesmitteln steuerfrei gemäß § 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.
Die Kläger sind Ehegatten. Die Klägerin bezog vom 01. Januar bis 13. April 1996 Krankengeld; seit dem 01. Mai 1996 ist sie als Unternehmensberaterin selbständig tätig. Die Zahlung von Überbrückungsgeld für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 55a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wurde vom Arbeitsamt Leipzig mit der Begründung versagt, daß die Klägerin nicht unmittelbar bis zur Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit mindestens vier Wochen Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen hatte (Bescheid vom 07. Juni 1996). Der Klägerin wurde jedoch für die Zeit vom 02. Mai 1996 bis 01. Mai 1997 eine Zuwendung in Höhe von 26.000,– DM als Existenzgründungszuschuß aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und Landesmitteln gewährt. Bei der Berechnung des Förderbetrages von 500,– DM/Woche war berücksichtigt, daß kein Zuschuß nach dem AFG gewährt wurde. Bei Gewährung eines Zuschusses gemäß AFG hätte sich der Förderbetrag um die Höhe dieses Zuschusses vermindert (Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig vom 18. Oktober 1996). Die Zuwendung beruht auf dem Programm „Arbeit und Qualifizierung für Sachsen” (vgl. § 44 der vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen; Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit, Sächsisches Amtsblatt 1996, 810).
Der Beklagte erfaßte diesen Zuschuß (für 1996 einen Teilbetrag in Höhe von 17.500,– DM) bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger als steuerpflichtige Betriebseinnahme und setzte die Einkommensteuer 1996 mit Bescheid vom 27. März 1998 auf 3.484 DM fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 05. Februar 1999).
Die Kläger tragen im wesentlichen vor, der gegen die Versagung von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe gerichtete Widerspruch der Klägerin habe letztendlich Erfolg gehabt; die materielle Richtigstellung des eingelegten Widerspruchs sei mit Bescheid vom 04. November 1998 erfolgt. Damit habe sie Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 10. April bis zum 18. Mai 1996 bezogen. Die Grundlagen für die Ablehnung des Antrages auf Überbrückungsgeld seien somit nicht gegeben gewesen, sie hätte somit einen Anspruch auf Überbrückungsgeld gehabt. Die gewahrten Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds wären somit als Ergänzungsbeihilfen im Sinne des § 3 Nr. 2 EStG als steuerfrei zu behandeln. Die Entscheidung über die Besteuerung der Zuschüsse des Europäischen Sozialfonds beruhe demgemäß auf einem fehlerhaften Ablehnungsbescheid über die Gewährung von Überbrückungsgeldern. Diese Tatsache habe dem Finanzamt im Rahmen der Einspruchsentscheidung noch nicht vorgetragen werden können, da diese Information erst später vorgelegen habe.
Die Kläger beantragen sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 27. März 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Februar 1999 dahingehend zu ändern, daß die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt wird; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest. Gewährte Existenzgründungsbeihilfen, denen kein Bezug eines Überbrückungsgeldes vorangegangen sei, seien in vollem Umfang steuerpflichtig.
Der Beklagte hat auf den Gerichtsbescheid vom 02. April 2001 die mündliche Verhandlung beantragt. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (Blatt 58 und 62 der Gerichtsakte). Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten der Kläger verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
1. Der Beklagte hat den Zuschuß zur Förderung von Existenzgründern zutreffend als Betriebseinnahme erfaßt. Zu den Betriebseinnahmen...