rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Directors einer Limited Company mit Sitz im Inland für pflichtwidrig nicht einbehaltene Lohnsteuer und sonstige Lohnabzüge nach § 69 AO bei späterer Insolvenz der Gesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Director einer Limited Company mit Sitz im Inland haftet als gesetzlicher Vertreter für pflichtwidrig von den Arbeitslöhnen der Limited Company nicht einbehaltene Lohnsteuern und Solidaritätszuschläge sowie hierauf entfallende Verspätungs- und Säumniszuschläge; insoweit liegt keine gesellschaftsrechtlich begründete und daher nach englischem Recht zu beurteilende Haftung vor, so dass die einschlägigen Vorschriften des deutschen Steuerrechts maßgeblich sind.
2. Auch der Director einer Limited Company darf, wenn infolge eines Liquiditätsengpasses die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen vereinbarten Löhne (einschließlich Lohnsteueranteil) nicht ausreichen, die Löhne nur gekürzt als Vorschuss oder Teilbetrag auszahlen, so dass er aus den dann übrig bleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer an das Finanzamt abführen kann. Hat er trotzdem die Löhne ungekürzt ausgezahlt und wird später das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Limited Company eröffnet, so wird die auf § 69 AO gestützte Director-Haftung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Steuerausfall möglicherweise (später) auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Directors eingetreten wäre, weil der Insolvenzverwalter (möglicherweise) die Zahlungen der Lohnsteuer angefochten hätte.
Normenkette
AO § 34 Abs. 1, § 69 Sätze 1-2; InsO § 129; EStG § 38 Abs. 2 S. 2
Tenor
1. Das Verfahren wird fortgeführt.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Der Kläger war Director einer Limited Company mit Sitz im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Die Gesellschaft schuldete u.a. die rückständige Lohnsteuer Mai 2005 (für die Löhne des April 2005) in Höhe von 1.199,49 Euro, den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Mai 2005 in Höhe von 54,94 Euro sowie die Verspätungszuschläge und Säumniszuschläge in Höhe von 162,50 Euro. Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 stellte ein Gläubiger der Limited Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Wegen der oben genannten Rückstände wurde der Kläger mit Bescheid vom 3. November 2005 in Haftung genommen. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2006).
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, dass sich die Haftung des Directors einer Limited nach englischem Recht richten würde, da es sich um eine gesellschaftsrechtlich begründete Haftung handeln würde, denn auch eine Directorhaftung nach §§ 34, 69 AO sei als gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Selbst wenn §§ 34, 69 AO einschlägig wären, würde der Kläger nicht haften, da er als Director nicht zu dem relevanten Personenkreis zählen würde. Zudem habe sich der Kläger nicht pflichtwidrig verhalten. Schließlich fehle es an der Kausalität, da die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 129 ff InsO gegeben seien. Die Haftungssumme sei überhöht.
Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid vom 3. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die steuerlichen Haftungsvorschriften keine Anwendung des englischen Rechts herbeiführen würden. Der Director sei gesetzlicher Vertreter der Limited, deren steuerliche Pflichten er erfüllen müsse. Er habe pflichtwidrig die Lohnsteuer, die zum 10. Mai 2005 fällig war, nicht abgeführt.
Im Verfahren ist das Ruhen angeordnet worden, um eine Entscheidung des BFH zur Haftung bei Insolvenzanfechtung abzuwarten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren war fortzuführen, nachdem der Beklagte dies beantragt hat. Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat die ihm als Director der Limited mit Sitz in Deutschland obliegenden steuerlichen Pflichten zumindest grob fahrlässig verletzt. Denn als Director und damit als gesetzlicher Vertreter der Limited im Sinne von § 34 Abs. 1 AO war er damit betraut, die steuerlichen Interessen der Limited wahrzunehmen und die daraus resultierenden Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. In dieser Konstellation liegt keine gesellschaftsrechtlich verursachte Haftung, so dass die einschlägigen Vorschriften des deutschen Steuerrecht maßgeblich sind. Die Nichtabführung der Lohnsteuer stellt regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines Directors einer Limited mit Sitz in Deutschland im Sinn der §§ 34, 69 AO dar. Die Lohnsteuer entsteht nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Eine Entrichtung der Lohnsteuer bis zum 10. Mai 2005 für die im Ap...