Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligtenfähigkeit einer Grundstückseigentümergemeinschaft. Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein zu sanierendes Mehrfamilienhaus auf die einzelnen Wirtschaftsgütern. Bindung an die vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten und die Bodenrichtwerte
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Beteiligtenfähigkeit einer Grundstückseigentümergemeinschaft kommt es nicht darauf an, ob die Gemeinschaft Einkünfte erzielt, sondern nur darauf, dass sie Subjekt einer gesonderten und einheitlichen Feststellung ist.
2. Bei einer im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 180 Abs. 2 AO die erforderlichen Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein zu sanierendes Mehrfamilienhaus auf Grund und Boden, Altbausubstanz und begünstigte Sanierungsleistungen ist grundsätzlich eine von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die unterschiedlichen Wirtschaftsgüter der Besteuerung zugrunde zu legen. Eine Zuordnung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte ist jedoch dann geboten, wenn Bedenken gegen die wirtschaftliche Haltbarkeit der vertraglichen Aufteilung bestehen.
3. Solche Bedenken liegen bei der Annahme einer Scheinvereinbarung (§ 41 Abs. 2 AO) oder eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) vor. Für den Streitfall gilt dies nach Überzeugung des Gerichts nicht.
4. Bodenrichtwerte sind i. d. R. der Besteuerung zugrunde zu legen. Sie sind für die am Steuerrechtsverhältnis Beteiligten verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich. Sie sind deswegen von den Finanzbehörden und Finanzgerichten ungeprüft und ohne eigenen Bewertungsspielraum zugrunde zu legen.
Normenkette
AO § 180 Abs. 2, § 41 Abs. 2, § 42; FöGbG § 3; EStG 1997 § 7 Abs. 4; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 744 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die geänderten Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 1998 gemäß § 180 Abs. 2 AO i.V.m. der VO zu § 180 Abs. 2 AO vom 13. Oktober 2003 sowie die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 2. März 2006 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich um die Aufteilung von Teilwerten im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Jahr 1998.
Mit Vertrag vom 11. Dezember 1998 erwarb die … GmbH i.L. (nachfolgend kurz: GmbH) das 420 qm große Grundstück … in … mit aufstehendem sanierungsbedürftigem Mehrfamilienhaus zum Kaufpreis von 440.000 DM. Anschließend teilte sie den Grundbesitz in Wohnungs- und Teileigentum auf und veräußerte sämtliche Eigentumswohnungen mit notariellen Kaufverträgen vom 17. Dezember 1998 an die Mitglieder der Klägerin (nachfolgend kurz: Gemeinschafter). Vertragsbestandteil der Kaufverträge war außerdem eine Sanierungsverpflichtung. Den Kaufpreis teilte die GmbH in einen Kaufpreis für Altbausubstanz, Sanierungsleistung und Küche auf. Der Gesamtkaufpreis wurde noch 1998 vollständig im Wege der Anzahlung geleistet.
Am 17. Januar 2002 legte die GmbH eine formlose Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Sonderabschreibung gemäß § 3 Satz 2 Nr. 3 des Fördergebietsgesetzes – FördGG – sowie die lineare Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG – nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – i.V.m. der Verordnung (VO) zu § 180 Abs. 2 AO vor. Den Anteil des Grund und Bodens an der Altbausubstanz gab sie in dieser Erklärung mit 40 % an.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 6. Juni 2002 stellte der Beklagte die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung sowie die lineare Abschreibung der Gemeinschafter entsprechend der Feststellungserklärung der GmbH einheitlich und gesondert wie folgt fest:
|
Gesamtkaufpreis |
Grund und Boden |
Altbausubstanz |
Sanierung |
A |
340.920 DM |
22.085 DM |
33.127 DM |
285.708 DM |
G |
336.185 DM |
22.085 DM |
33.127 DM |
280.973 DM |
H |
290.320 DM |
17.817 DM |
26.726 DM |
245.777 DM |
|
296.780 DM |
19.496 DM |
29.245 DM |
248.039 DM |
K |
300.960 DM |
19.496 DM |
29.245 DM |
252.219 DM |
L |
243.415 DM |
18.820 DM |
28.230 DM |
196.365 DM |
R |
325.660 DM |
19.986 DM |
29.979 DM |
275.695 DM |
S |
300.960 DM |
19.496 DM |
29.245 DM |
252.219 DM |
|
340.920 DM |
22.085 DM |
33.127 DM |
285.708 DM |
S |
275.655 DM |
18.633 DM |
27.950 DM |
229.072 DM |
Summen: |
3.051.775 DM |
199.999 DM |
300.001 DM |
2.551.775 DM |
Die Feststellungsbescheide gab der Beklagte den Gemeinschaftern und der GmbH gemäß § 6 Abs. 3 und 4 VO einzeln bekannt.
Im Rahmen einer gegenüber der GmbH gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 7 Abs. 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO angeordneten und bei ihr durchgeführten Außenprüfung änderte die Außenprüferin die Kaufpreisaufteilung der Gemeinschafter unter Zugrundelegung eines G...