Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerliche „Rückgängigmachung” eines Kaufvertrages mit Ehegatten als Erwerbern bei anschließender Veräußerung an eine GmbH der Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Es kann auch dann eine Rückgängigmachung des Grundstückskaufvertrags i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vorliegen, wenn ein Ehepaar (Erwerber) und die Grundstücksveräußerer den Kaufvertrag aufheben, das Grundstück nunmehr an eine GmbH der Ehegatten, vertreten durch den Ehemann als alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer, weiterveräußert wird, zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung immer noch eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Ehegatten im Grundbuch eingetragen ist und die Ehegatten der in dem zweiten Vertrag begründeten Schuld der GmbH beitreten.

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 883, 888

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen II R 2/06)

BFH (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen II R 2/06)

 

Tenor

1. Das Finanzamt wird verpflichtet, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 10. Oktober 2001, die Ablehnungsverfügung vom 6. Juni 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 aufzuheben.

2. Dem Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben mit notariellem Vertrag vom 30. April 2001 jeweils einen halben Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch des Amtsgerichts D., Gemarkung G., Blatt A), Flurstück Nr. a) bezeichneten Grundstück zu einem Kaufpreis von insgesamt 500.000 DM. Zugunsten der Käufer wurde am 11. Juli 2001 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 10. Oktober 2001 setzte das Finanzamt (FA) die Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger auf 8.750 DM fest.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. November 2001 hoben die Parteien des oben genannten Kaufvertrages diesen auf. Die Parteien erklärten übereinstimmend, dass alle weiteren Ansprüche der Parteien ausgeschlossen seien und auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche verzichtet werde (III. 3 des Vertrages). Die Käufer bewilligten und beantragten die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung.

Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 30. November 2001 (Bl. 73 ff. GrESt-Akte) kaufte die DK. GmbH (GmbH) das Grundstück zum Preis von 550.000 DM. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH war der Kläger, Gesellschafter der GmbH waren der Kläger zu 52 % und seine Ehefrau zu 48 %. Nach III. 6. des Vertrages traten der Kläger und seine Ehefrau der Kaufpreiszahlungsschuld der GmbH bei.

Am 2. Januar 2002 wurde die Auflassungsvormerkung gelöscht.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2002 lehnte das FA den Antrag des Klägers auf Aufhebung der Steuerfestsetzung ab. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003).

Der Kläger macht geltend, der ursprüngliche Kaufvertrag sei aufgehoben worden, weil die Sparkasse von ihrer zunächst erteilten Finanzierungszusage wieder abgerückt sei und er eine andere Finanzierung bis zu dem Zahlungstermin nicht habe erhalten können. Als die Verkäufer ankündigten, von dem Vertrag zurückzutreten, habe er zusammen mit seiner Ehefrau einen Termin zur Aufhebung des Kaufvertrags vereinbart, und gleichzeitig als Geschäftsführer der GmbH versucht, das Grundstück für diese zu erwerben. Der GmbH seien Mitte 2001 Fördermittel zugesagt worden, mit der sie den Kaufpreis habe begleichen können. Der Schuldbeitritt sei auf Wunsch der finanziereneden Bank erfolgt. In dem zweiten Vertrag sei ein höherer Kaufpreis vereinbart worden, da es noch einen anderen Interessenten für das Grundstück gegeben habe.

Der Kläger beantragt,

das FA zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6. Juni 2002 und der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 10. Oktober 2001 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 1 GrEStG.

1. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die Steuerfestsetzung auf Antrag u. a. aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist und die Rückgängigmachung durch Vereinbarung innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer stattfindet.

a) Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 16 Abs. 1 GrEStG reicht allein die zivilrechtliche (formale) Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts nicht aus. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht, wenn die Vertragspartner vollständig aus ihren vertraglichen Bin...

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