Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Ausgliederung zur Neugründung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 2/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Grunderwerbsteuer ist nicht zu erheben, wenn Grundbesitz im Rahmen einer Ausgliederung zur Neugründung von einem Einzelunternehmer auf die neu gegründete, ihm als Alleingesellschafter gehörende GmbH übergeht.
2. Der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG ist nicht auf Konzernstrukturen beschränkt.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 6a; UmwG § 1 Abs. 1 Nr. 2
Tenor
1. Der Bescheid über Grunderwerbsteuer vom … Oktober 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … 2021 wird dahingehend geändert, dass eine Grunderwerbsteuer von EUR … festzusetzen ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 17% und der Beklagte 83%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei Ausgliederung und Neugründung einer Gesellschaft bei der Grunderwerbsteuer eine Steuerbefreiung zu gewähren ist.
Die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin Frau Y war Eigentümerin des Grundstückes … in …. (eingetragen beim Amtsgericht …, Grundbuch von …, BI. …, Flur …, Flurstücke …). Das Grundstück befand sich im Betriebsvermögen der Einzelunternehmung von Frau Y (X Y e.K). Mit notariellem Vertrag vom …2018 übertrug die Firma X Y e.K. im Wege der Ausgliederung ihr Vermögen als Ganzes auf die Klägerin, die mit Gesellschaftsvertrag vom selben Tag neu gegründet wurde (eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht … unter HRB …). In der Schlussbilanz der X Y e.K. ist das Grundstück mit EUR …. aufgeführt. Gemäß dem notariellen Vertrag wurde im Ausgliederungsplan unter Punkt 5.1 (auszugliederndes Vermögen) das Betriebsgrundstück auf die Klägerin im Wege der Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG übertragen. Die Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG wurde am …2018 in das Handelsregister beim Amtsgericht … eingetragen.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom … April 2019 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR … fest. Dieser Bescheid erging gemäß § 165 AO wegen der genauen Höhe der Bemessungsgrundlage vorläufig. In der Begründung führte der Beklagte aus, dass der Grundbesitzwert gesondert festgestellt werden soll. Das Finanzamt Z stellte mit Bescheid vom … Oktober 2019 den Grundbesitzwert in Höhe von EUR … fest, wogegen die Klägerin Einspruch einlegte. Der Beklagte änderte den Grunderwerbsteuerbescheid am … Oktober 2019 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, setzte die Grunderwerbsteuer auf EUR … fest und erklärte die Festsetzung für endgültig. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom …2021 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass bei der durch Umwandlung bewirkten Rechtsübertragung des Grundstückes vom Einzelunternehmen auf die Klägerin die Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt seien und keine Grunderwerbsteuer anfalle. Dabei komme es nicht darauf an, ob tatsächlich ein „Verbund” von Unternehmen bestanden habe. Des Weiteren sei im Falle von Ausgliederungen zur Neugründung durch § 6a S. 3 und 4 GrEStG sichergestellt, dass keine ungewollten Mitnahmeeffekte entstünden. Es müssten nur ein herrschendes Unternehmen und ein abhängiges Unternehmen vorhanden sein. Ein herrschendes Unternehmen in diesem Sinne sei jeder Rechtsträger und damit auch sämtliche natürliche Personen, die Beteiligungen an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen hielten und über die Beteiligung am Markt wirtschaftlich tätig wären.
Hier sei die alleinige Gesellschafterin der Klägerin somit „herrschendes Unternehmen” im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts, da die alleinige Gesellschafterin als herrschendes Unternehmen an der abhängigen Gesellschaft (= Klägerin) beteiligt sei. Da es sich hier um eine Ausgliederung zur Neugründung handele, sei die alleinige Gesellschafterin verpflichtet die Nachbehaltensfrist von fünf Jahren einzuhalten.
Die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG erfasse die gesamte Höhe der Bescheide über Grunderwerbsteuer vom … Oktober 2019 und vom … April 2019. Der ursprüngliche Bescheid über Grunderwerbsteuer vom … April 2019 sei teilweise vorläufig erlassen, weil die genaue Höhe der Bemessungsgrundlage nicht festgestanden habe. Den habe das Finanzamt Z mit Bescheid vom … Oktober 2019 auf den …2018 mit EUR … festgestellt. Dieser Feststellungsbescheid sei weder formell noch materiell bestandskräftig. Daraus folge, dass für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zunächst noch auf den Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) des Finanzamtes Z gewartet werden müsse.
Aufgrund der Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofes zu § 6a GrEStG sei wegen der fehlenden Bestandskraft und des noch offenen Grundlagenbescheide...