Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Verfahrensfehler. Verletzung des rechtlichen Gehörs. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. keine Einverständniserklärung der Beteiligten. Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Rahmenfrist. Versicherungspflichtverhältnis wegen Erziehung von Kindern. Unmittelbarkeit der Vorbeschäftigung. kein Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung. Nichtberücksichtigung von Leistungen aus der schweizerischen Arbeitslosenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Urteil, welches ohne mündliche Verhandlung ohne Einverständnis eines der Beteiligten ergeht, stellt eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der mit der Berufung gerügt werden kann.

2. Das Merkmal der Unmittelbarkeit in § 26 Abs 2a S 1 Nr 1 SGB 3 aF ist nur erfüllt, wenn zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn des Bezuges der Entgeltersatzleistung nicht mehr als ein Monat liegt.

3. Die Zeit des Bezuges von Leistungen aus der schweizerischen Arbeitslosenversicherung ist nicht mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB 3 gleichzusetzen.

 

Normenkette

SGB III § 26 Abs. 2a S. 1 Nrn. 1, 2 Fassung: 2008-07-31, § 28a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Fassung: 2008-05-28; SGG § 124 Abs. 2, § 159 Abs. 1 Nr. 2; VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 12

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 10. März 2010.

Der 1978 geborene Kläger war vom 10. Juli 2007 bis zum 18. August 2007, vom 1. Juni 2008 bis zum 1. Juli 2008, vom 8. Juli 2008 bis zum 17. Juli 2008 und vom 1. September 2008 bis zum 31. Mai 2009 in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt. Weitere versicherungspflichtige Beschäftigungen des Klägers sind nicht festgestellt.

Auf Grund seines Antrages gewährte ihm die Schweizer Arbeitslosenkasse für die Zeit vom 2. Juni 2009 bis zum 25. September 2009 Arbeitslosenentschädigung.

Nach Rückkehr aus der Schweiz meldete sich der Kläger am 2. Oktober 2009 bei der Beklagten arbeitslos und legte unter Beantragung von Arbeitslosengeld eine “Bescheinigung der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit„ der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 2009 (Formblatt E 303) vor. Dort wurde bestätigt, dass er ab dem 27. September 2009 Leistungen beziehen könne, wenn er sich bis zum 2.Oktober 2009 bei der Arbeitsvermittlung des Landes der Arbeitssuche gemeldet habe. Danach habe er Anspruch auf Leistungen für eine Höchstdauer von 65 Tagen, jedoch nicht länger als bis zum 25. Dezember 2009.

Mit Bescheid vom 3. November 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin für die Zeit vom 27. September 2009 bis zum 25. Dezember 2009 Arbeitslosengeld entsprechend dem Formblatt E 303.

Am 11. März 2010 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab an, sich seit September 2007 um die Erziehung seiner Kinder zu kümmern.

Mit Bescheid vom 31. März 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger in den zwei Jahren vor dem 11. März 2010 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Zeiten der Kindererziehung seien nicht zu berücksichtigen.

In dem dagegen eingelegten Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass Zeiten der Kindererziehung versicherungspflichtig und daher zu berücksichtigen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Diese erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.

Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Innerhalb der Rahmenfrist sei der Kläger nur an 314 Kalendertagen in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die sich anschließende Zeit der Kinderbetreuung sei nicht versicherungspflichtig, weil der Kläger keine laufende Entgeltersatzleistung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) bezogen habe, sondern nach den Rechtsvorschriften des ausländischen Leistungsträgers.

Der Kläger hat gegen den am 11. Mai 2010 zu Post gegebenen Widerspruchsbescheid am 14. Juni 2010 Klage erhoben, welche mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 25.November 2010 abgewiesen worden ist. Zutreffend habe die Beklagte entschieden, dass es dem Kläger an der Erfüllung der Anwartschaftszeit im Sinne des § 123 SGB III fehle. Die Zeiten der Kindererziehung könnten auch nicht gemäß § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anwartschaftsbegründend herangezogen werden, da der Kläger nicht unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungs...

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