Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderung. Gründungszuschuss. Rechtsänderung zum 28.12.2011. Einführung Ermessensentscheidung. Nichtanwendung bei Antragstellung vor Inkrafttreten der Neuregelung
Leitsatz (amtlich)
Es gilt der Grundsatz, dass das zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Gewährung eines Gründungzuschusses geltende Recht maßgebend ist.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27. August 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Gründungszuschusses.
Der 1972 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Ausbaumaurers. Seit seinem Berufsabschluss im Jahr 1990 war er, abgesehen von witterungsbedingten Unterbrechungen, ununterbrochen in diesem Beruf tätig, seit 1998 in der Funktion eines Vorarbeiters. Am 31. Dezember 2011 endete sein letztes Arbeitsverhältnis infolge einer betriebsbedingten Kündigung.
Der Kläger war verheiratet und einer damals vierjährigen Tochter zum Unterhalt verpflichtet.
Am 29. November 2011 meldete sich der Kläger bei der Beklagten telefonisch arbeitsuchend und am 12. Dezember 2011 persönlich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im Termin am 12. Dezember 2011 erklärte er, dass er wegen der Betreuung seines Kindes keiner auswärtigen Montagetätigkeit mehr nachgehen könne und deswegen seine berufliche Selbständigkeit plane. Er wurde zum Gründungszuschuss und dessen Neuausgestaltung als reine Ermessensleistung beraten. Zwischen der Beklagten und dem Kläger wurde eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, deren Ziel die Eingliederung des Klägers in den regionalen Arbeitsmarkt als Maurer oder Tiefbaufacharbeiter und alternativ der Übergang in eine hauptberufliche Selbständigkeit war.
Am 27. Januar 2012 reichte der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses für eine ab dem 1. Februar 2012 beginnende selbständige Tätigkeit im Bauhauptgewerbe ein. Dem Antrag waren eine Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung, die Gewerbeanmeldung sowie ein Konzept für die Selbständigkeit beigefügt.
Vermittlungsvorschläge unterbreitete die Beklagte dem Kläger von der Zeit der Arbeitslosmeldung bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zum 1. Februar 2012 nicht.
Ein am 8. Februar 2012 durchgeführter Stellungsuchlauf ergab sieben Stellenangebote im Tagespendelbereich sowie zahlreiche weitere europaweit.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag vom 12. Dezember 2011 auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab, da eine Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit möglich sei. In Anbetracht der saisonalen Witterungsbedingung sei davon auszugehen, dass im Frühjahr oder Sommer eine günstigere Integrationschance auf dem Arbeitsmarkt im Zielberuf bestehe und damit eine zeitnahe Integration auch ohne Förderung erreicht werden könne.
Den hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2012 als unbegründet zurück.
Auf seine am 25. Juni 2012 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht mit Urteil vom 27. August 2015 den Bescheid vom 27. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Beklagte habe ermessensfehlerhaft gehandelt. Das Urteil wurde der Beklagten am 9. September 2015 zugestellt worden.
Am 5. Oktober 2015 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Eine ermessensfehlerhafte Entscheidung habe nicht vorgelegen. Infolge der zum 31. Dezember 2011 betriebsbedingt ausgesprochenen Kündigung durch seinen letzten Arbeitsgeber und zukünftiger Einschränkung seiner beruflichen Mobilität aufgrund abzusichernder Kinderbetreuungszeiten habe der Kläger bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit einem Maurerbetrieb beabsichtigt. Er habe diesen Weg zielstrebig beschritten. Die Arbeitslosigkeit habe genau einen Monat angedauert, und zwar im Januar 2012, bei welchem es sich aus arbeitsmarktstatistischer Sicht um einen der schwächsten Beschäftigungsmonate im Bauhauptgewerbe handele. Dies sei dem Kläger, welcher über eine 20jährige Berufserfahrung verfüge, bekannt gewesen. Dass ihm bis Januar 2012 keine Stellenangebote in der Region unterbreitet werden konnten, rechtfertige noch nicht die Annahme vergeblicher Vermittlungsbemühungen. Die Nichtvermittlung habe vordergründig an der witterungsbedingt schwachen Arbeitskräftenachfrage und in dem vom Kläger ausgeschlossenen überregionalen Montageeinsatz gelegen. Unter Berücksichtigung der einen Monat andauernden Arbeitslosigkeit und der witterungsbedingt schwierigen Arbeitsmarktlage in den Wintermonaten habe sie, die Beklagte, in Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens zu Recht unter Abstellung a...