Leitsatz
1. Land- und forstwirtschaftliche Arbeiten fallen nach § 40a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 EStG nicht ganzjährig an, wenn sie wegen der Abhängigkeit vom Lebensrhythmus der produzierten Pflanzen oder Tiere einen erkennbaren Abschluss in sich tragen. Dementsprechend können darunter auch Arbeiten fallen, die im Zusammenhang mit der Viehhaltung stehen.
2. Wenn die Tätigkeit des Ausmistens nicht laufend, sondern nur im Zusammenhang mit dem einmal jährlich erfolgenden Vieh-Austrieb auf die Weide möglich ist, handelt es sich um eine nicht ganzjährig anfallende Arbeit. Unschädlich ist, dass ähnliche Tätigkeiten bei anderen Bewirtschaftungsformen ganzjährig anfallen können.
3. Die Unschädlichkeitsgrenze von 25 % der Gesamtbeschäftigungsdauer in § 40a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 EStG bezieht sich auf ganzjährig anfallende land- und forstwirtschaftliche Arbeiten. Für andere land- und forstwirtschaftliche Arbeiten gilt sie nicht.
Normenkette
§ 40a Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, beschäftigte 1997 den Arbeitnehmer A mit dem Ausmisten des Stalls, dem Pflanzen von Kartoffeln und in der Ernte; der Arbeitslohn betrug 570 DM. Ferner wurde der Arbeitnehmer M für das Ausmisten des Stalls und in der Ernte eingesetzt; er erhielt einen Lohn von 790 DM.
Im Jahr 1998 wurde A mit dem Ausmisten des Stalls und mit dem Sortieren von Kartoffeln zu einem Lohn von 500 DM beschäftigt. Ferner wurde der Arbeitnehmer W mit dem Ausmisten des Stalls beschäftigt; er erhielt einen Lohn von 280 DM. Der Kläger berechnete die LSt mit einem Pauschsteuersatz von 5 %. Das FA vertrat die Auffassung, bei dem Ausmisten handle es sich um eine ganzjährig anfallende Tätigkeit. Der darauf entfallende zeitliche Anteil betrage jeweils mehr als 25 % der gesamten Beschäftigungsdauer. Eine Pauschalierung der LSt mit 5 % sei deshalb nicht zulässig.
Das FG sah das Ausmisten generell als ganzjährig anfallende Tätigkeit an. Es gab der Klage nur hinsichtlich des an A im Jahr 1997 gezahlten Aushilfslohns statt, weil nicht mehr als 25 % seiner gesamten Beschäftigungsdauer auf das Ausmisten entfallen war; im Übrigen wies es die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe nicht festgestellt, ob die Tätigkeit des Ausmistens – wie vom Kläger vorgetragen – nicht laufend zu beliebigen Zeitpunkten, sondern (nur) im Zusammenhang mit dem Weideauftrieb im Frühjahr erfolgen konnte.
Hinweis
1. In Fortführung der in den beiden zeitgleichen Urteile in BFH-PR 2006, 141 und BFH-PR 2006, 142 präzisierte der BFH in dieser Entscheidung vornehmlich, was bei einer Viehhaltung unter ganzjährig anfallenden Arbeiten einerseits bzw. saisonalen Arbeiten andererseits zu verstehen ist.
2. Saisonale Arbeiten sind solche, die ihrer Art nach von vorübergehender Dauer sind. Maßgeblich ist dabei, ob die Arbeit als solche ihrer Art nach einen erkennbaren Abschluss in sich trägt; damit wird ausgeschlossen, dass die Pauschalierung allein durch die Arbeitseinteilung im jeweiligen Betrieb erreicht werden kann. Obergrenze ist dabei die maximale Beschäftigungsdauer von 180 Tagen (vgl. § 40a Abs. 3 Satz 3 EStG).
Land- und forstwirtschaftliche Arbeiten tragen als solche ihrer Art nach einen erkennbaren Abschluss in sich, wenn sie wegen der Abhängigkeit vom Lebensrhythmus der produzierten Pflanzen oder Tiere saisonal anfallen. Darunter können auch Arbeiten fallen, die im Zusammenhang mit der Viehhaltung stehen. Das gilt z.B. für die mit dem Almauf- oder -abtrieb verbundenen Arbeiten, weil sie wegen des jahreszeitlich bedingten Weideverhaltens der Tiere saisonal anfallen. Entscheidend für die begünstigte Pauschalierung ist, dass die Aushilfskraft zur Bewältigung einer Arbeitsspitze beschäftigt wird, die auf land- oder forstwirtschaftliche Besonderheiten, nicht aber allein auf die betriebliche Arbeitseinteilung zurückzuführen ist.
3. Auch die Tätigkeit des Ausmistens ist nach diesen Kriterien zu beurteilen. Wenn sie der Bewirtschaftungsart nach nicht laufend erfolgen kann, sondern nur im Zusammenhang mit dem einmal jährlich erfolgenden Vieh-Auftrieb auf die Weide möglich ist, handelt es sich um eine nicht ganzjährig anfallende Arbeit.
4. Der BFH stellt in dieser Entscheidung überdies klar, dass ganzjährig anfallende land- oder forstwirtschaftliche Arbeiten schädlich sind, wenn deren Dauer 25 % der Gesamtbeschäftigungsdauer überschreitet (§ 40a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 EStG). Die Unschädlichkeitsgrenze von 25 % der Gesamtbeschäftigungsdauer bezieht sich (nur) auf andere land- und forstwirtschaftliche Arbeiten, die von den nicht ganzjährig anfallenden Arbeiten in § 40a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 EStG abzugrenzen sind. Verrichtet ein Arbeitnehmer neben land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten auch andere Arbeiten, die keine land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten sind, so scheidet von vornherein eine Pauschalierung nach § 40a Abs. 3 EStG aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.10.2005, VI R 60/03