Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Leitsatz
Eine Kapitalabfindung einer gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bestehenden Pensionszusage stellt bei betrieblicher Veranlassung keine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn eine im Voraus getroffene klare und zivilrechtliche wirksame Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und der Gesellschaft vorliegt. Eine betriebliche Veranlassung wurde im Streitfall bei Kapitalabfindung gegen Wegfall des Pensionsanspruchs mit dem Ziel der Sanierung der Gesellschaft angenommen.
Sachverhalt
Im Streitfall waren die verheirateten Kläger gemeinsam Gesellschafter (Kläger 90 % und Klägerin 10 %) einer GmbH. Der Kläger war zudem seit Juni 2001 als Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH bestellt. Im Jahr 2002 sagte die Gesellschaft dem Kläger eine Pension zu. Diese sollte dem Kläger bei Vollendung des 65. Lebensjahrs und Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis zustehen. Gleichzeitig wurde eine Berufsunfähigkeitsrente sowie für das Ableben des Klägers zugunsten der Klägerin eine Witwenrente zugesagt. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Pension war nur für den Fall vereinbart, dass der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat und die Zusage im Zeitpunkt der Inanspruchnahme mindestens 10 Jahre bestanden hat. Die GmbH behielt sich vor, die Zusage zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nachhaltig so wesentlich verschlechtert, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung nicht mehr zugemutet werden kann. Die GmbH hatte im Hinblick auf die Zusage eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen. Ab dem Jahr 2009 gingen die Umsätze der Gesellschaft auch aufgrund einer ernsthaften Erkrankung des Klägers erheblich zurück. Ab 2011 wurde dem Kläger das Geschäftsführergehalt gekürzt. Gleichzeitig entfiel ab 2011 das Weihnachtsgeld. In den Jahren 2011 und 2012 erzielte die GmbH Verluste. Im Übrigen war die eingeräumten Kreditlinie auf dem betrieblichen Bankkonto im Jahr 2012 erheblich überschritten. Bei der Gesellschafterversammlung im Jahre 2012 wurde beschlossen, dass die Pensionszusage zugunsten des Klägers zum 1.12.2012 aufgehoben und mit dem Kläger eine Abfindungsvereinbarung getroffen werden sollte. Gleichzeitig wurde die bestehende Rückdeckungsversicherung aufgehoben. Danach leistete die GmbH im Dezember 2012 im Hinblick auf die Auflösung der Pensionsvereinbarung eine Zahlung von 66.000 EUR (der erdiente Teil der Anwartschaft belief sich auf 77.000 EUR). Der Kläger gewährte der GmbH im Gegenzug ein Darlehen von 13.000 EUR. In der Lohnabrechnung für Dezember 2012 wurde hinsichtlich der Abfindung ein Arbeitslohn von 77.000 EUR erfasst. In ihrer Gewinnermittlung buchte die GmbH die bis dahin bilanzierte Pensionsrückstellung sowie die Forderung aus der Rückdeckungsversicherung erfolgswirksam aus und berücksichtigte körperschaftsteuerrechtlich eine verdeckte Einlage von 11.000 EUR. Eine Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamts führte zu diesem Themenkreis zu keinen Feststellungen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers wurde der Arbeitslohn aus der Abfindung erklärungsgemäß in Höhe von 77.000 EUR erfasst. Ab April 2013 wurde das Geschäftsführer-Gehalt des Klägers von bisher 3.900 EUR auf 2.600 EUR reduziert. Im Jahr 2013 erhöhte sich der Umsatz der GmbH und verringerte sich in den folgenden Jahren nur geringfügig. Im Jahre 2017 führte das Finanzamt bei der GmbH eine Betriebsprüfung durch, in welcher auch die Abfindung der Pensionsanwartschaft Gegenstand der Prüfung war. Im Rahmen der Prüfung wurden zur wirtschaftlichen Situation der GmbH noch folgende Erkenntnisse vorgetragen: Die Umsatzrückgänge in den Jahren 2010 und 2011 hätten zu hohen Verlusten und zur Insolvenz der GmbH geführt, wenn der Kläger keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen hätte. Zum einen wäre die GmbH zahlungsunfähig gewesen. Jedenfalls habe Zahlungsunfähigkeit gedroht. Das Konto der GmbH habe einen Betrag ausgewiesen, der unterhalb der vereinbarten Kreditlinie gewesen sei. Die Zahlung der Beiträge zur Rückdeckungsversicherung wäre nicht mehr möglich gewesen. Zum anderen hätte aufgrund der hohen Inanspruchnahme des Bankkontos, fehlender stiller Reserven und der Pensionsrückstellung (handelsbilanzieller Wert: 112.000 EUR) eine Überschuldung zum 30.11./30.12.2012 vorgelegen. Somit habe der Kläger im Dezember 2012 handeln müssen, um die drohende Insolvenz zu verhindern. Es seien diverse, rückblickend betrachtet richtige, unternehmerische Entscheidungen zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung getroffen worden. Die GmbH sei saniert worden. Ihr betriebliches Konto habe ein Guthaben ausgewiesen und das Gesellschafterdarlehen sei zurückgezahlt worden. Die vor den Maßnahmen drohenden Insolvenztatbestände hätten nicht mehr vorgelegen. Ein durch die Insolvenz bedrohter Handelsvertreterausgleichsanspruch sei gerettet worden. Die Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Pensionszusage keine Abfindungsregelung vorsehe. Der Abfindungspl...