1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift wird durch § 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) v. 13.12.2001 (BGBl. I S. 3734) hinsichtlich des zu berücksichtigenden Vermögens konkretisiert. Diese Konkretisierung wurde mit der AlhiV 2002 zum 1.1.2002 eingeführt, die die bis dahin geltende Alhi-VO ablöste und wesentliche Änderungen mit sich brachte. Durch Art. 11 Nr. 1 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde der Freibetrag in § 1 Abs. 2 AlhiV zum 1.1.2003 gesenkt. Der neu eingefügte § 4 Abs. 2 AlhiV Satz 2 sieht vor, dass der bisherige Freibetrag für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter gilt, wenn die Voraussetzungen für den Arbeitslosenhilfeanspruch in den letzten drei Monaten vor dem In-Kraft-Treten der Rechtsänderung vorgelegen haben. Unabhängig davon gelten die alten Freibeträge für Personen unbefristet fort, die bis zum 31.12.1947 geboren sind, § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV.
Rz. 2
Die AlhiV 2002 sieht nicht mehr wie § 10 Alhi-VO die widerlegbare Vermutung vor, dass der Arbeitslose seinen und seiner Familie Lebensunterhalt bestreiten kann, wenn er Einkommen erzielen könnte oder die Lebensführung auf fehlende Bedürftigkeit schließen lässt.
2 Rechtspraxis
2.1 Vermögensberücksichtigung
Rz. 3
Die AlhiV 2002 enthält keine Nachfolgevorschrift für § 9 Alhi-VO, demgemäß fehlende Bedürftigkeit für einen bestimmten Zeitraum festzustellen war. Abzustellen ist stets auf das bei Beantragung der Alhi vorhandene Vermögen. Die Zumutbarkeit sowie die Unbilligkeit der Verwertung sind nicht mehr zu prüfen.
Rz. 4
§ 1 Alhi 2002 führt einen altersabhängigen Vermögensfreibetrag ein, der unabhängig davon ist, ob das Vermögen der Alterssicherung dient, und in dem einzelne Privilegierungstatbestände des früheren Verordnungsrechts aufgegangen sind (z.B. Sozialplanleistungen, Vermögen, das zur Berufsausbildung eingesetzt wird oder Familienstücke von besonderem immateriellen Wert).
2.1.1 In die Prüfung einzubeziehende Personen
Rz. 5
Zu berücksichtigen ist das Vermögen des Arbeitslosen, seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, das Vermögen seines Partners in einer eheähnlichen Gemeinschaft sowie das der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen.
Rz. 6
Der Begriff "dauernd getrennt lebend" ist der gleiche wie in § 26 EStG. Entscheidend ist die Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten. Eine nur räumliche Trennung (z.B. berufs- oder kranheitsbedingt oder mangels geeigneter gemeinsamer Wohnung) führt nicht zum rechtlichen Getrenntleben der Ehegatten.
Rz. 7
Eine eheähnliche Gemeinschaft ist eine Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann, die auf Dauer angelegt und so eng ist, dass sie ein gegenseitiges, insbesondere finanzielles Einstehen der Partner füreinander erwarten lässt (Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft). Wesentliche Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft sind die Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, mindestens dreijähriges Zusammenleben, die gemeinsame Betreuung und Versorgung von Kindern oder Angehörigen eines Partners im gemeinsamen Haushalt sowie die wechselseitige Befugnis, über Einkommens- und Vermögensgegenstände, insbesondere Konten des Partners, zu verfügen. Das Fortbestehen einer Ehe steht der eheähnlichen Gemeinschaft nicht entgegen.
Rz. 8
Eltern sind auch die Adoptiveltern und der nichteheliche Vater, nicht aber "Stiefeltern" (Ehegatten eines leiblichen Elternteils), Pflege- oder Großeltern. Unverheiratet im Sinne der Vorschrift ist ein minderjähriger Arbeitsloser, wenn er noch nicht geheiratet hat oder eine Ehe für nichtig erklärt worden ist.
2.1.2 Vermögensbegriff
Rz. 9
Unter Vermögen ist der Bestand an Geld und geldwerten Gütern einer Person zu verstehen. Hierzu zählen insbesondere Bargeld, Sparguthaben, Forderungen, Wertpapiere, Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen, Immobilien und dingliche Rechte an Grundstücken.
Einmalige Einnahmen während des Bezugs von Alhi, die nicht laufende Erwerbseinnahmen sind und daher nicht gem. § 194 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 141 zu berücksichtigen sind, sind als Vermögen zu behandeln.
Rz. 10
Während früher für Vermögen das "Verbot der Doppelberücksichtigung" galt, wurde zwischenzeitlich jeweils auf den aktuellen Vermögensbestand bei der Prüfung der Bedürftigkeit abgestellt. Auf die Rechtsprechung des BSG, mit der im Hinblick auf § 9 Alhi-VO (fehlende Bedürftigkeit für einen bestimmten Zeitraum) die wiederholte Berücksichtigung desselben Vermögens für rechtswidrig erklärt wurde (Urteile v. 9.8.2001, B 11 AL 11/01 R und B 11 AL 9/01 R sowie vom 19.12.2001, B 11 AL 49/01), hat der Verordnungsgeber reagiert und mit der AlhiV 2002 keine Nachfolgevorschrift eingeführt. Damit ist mit Wirkung ab 1.1.2002 der BSG-Rechtsprechung die Grundlage entzogen, so dass jeweils auf das bei der Beantragung von Alhi vorhandene Vermögen abzustellen ist.
2.1.3 Verwertbarkeit von Vermögen
Rz. 11
Ein Vermögensgegenstand ist verwertbar, wenn er für den Lebensunterhalt verwendet bzw. sein Geldwert für den Lebensunterhalt verfügbar gemacht werden kann. Verwertet wird durch Verbrauch (Bargeld, Guthaben bei Banken und Sparkassen), Verkauf, Vermietung, Verpachtung, Beleihung oder Be...