Rz. 5
Abs. 2 gibt dem Arbeitslosen die Möglichkeit, bis zur Entscheidung über seinen persönlichen Anspruch zu bestimmen, ob der Anspruch überhaupt und ggf. zu welchem Zeitpunkt entstehen soll (vgl. auch § 40 Abs. 1 SGB I). Das ist für Arbeitslose von Bedeutung, die kurze Zeit später wegen Vollendung des 50. Lebensjahres und in weiteren Stufen nach Vollendung des 55. und 58. Lebensjahres eine längere Anspruchsdauer erwerben können (§ 147 Abs. 2). Die Regelung ist erforderlich, weil eine persönliche Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung nicht zurückgenommen werden kann und mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Anspruch auf Alg entsteht.
Rz. 6
Durch seine Bestimmung kann der Arbeitslose verhindern, dass aus der von ihm persönlich erworbenen Anwartschaft auf Alg heraus das Stammrecht auf Alg entsteht, bzw. die Entstehung dieses Stammrechts hinausschieben. Die Agentur für Arbeit hat den Leistungsfall dann so zu behandeln, als wären die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. An dem vom Arbeitslosen bestimmten Tag, an dem die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg vorliegen sollen, müssen die materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 1 für die Entstehung des Anspruches komplett vorliegen. Der Arbeitslose muss z. B. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen, denn ansonsten wäre er nicht arbeitslos i. S. der Nr. 1.
Rz. 6a
Erfüllt der Arbeitslose an dem von ihm nach Abs. 2 bestimmten Tag die Anspruchsvoraussetzungen für das Alg nicht, verlangt die Agentur für Arbeit eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung. Diese ist dann erst zu dem Zeitpunkt zweckmäßig, zu dem dann die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen oder es bedarf einer erneuten Bestimmung i. S. d. Abs. 2.
Rz. 7
Eine Bestimmung nach Abs. 2 ist nur möglich, bis über den Anspruch auf Alg entschieden worden ist. Das richtet sich nach § 31 SGB X. Das bedeutet, dass es auf die Entscheidung über den Anspruch ankommt, mit der z. B. auch eine Regelung über die zu bewilligende Anspruchsdauer getroffen wird, z. B. auch bei einer Gleichwohlgewährung nach § 157 Abs. 3. Das Stammrecht auf Alg als solches entsteht, wenn zusammen mit der persönlichen Arbeitslosmeldung die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Der i. d. R. später erlassene Bewilligungsbescheid stellt das Stammrecht dann rückwirkend fest. Der Arbeitslose kann dies verhindern, bis der Bescheid ergangen und wirksam geworden ist. Das geschieht durch Bekanntgabe der bewilligenden Entscheidung ihm gegenüber (vgl. §§ 37, 39 Abs. 1 SGB X). Ein schriftlicher durch die Post übersandter Bescheid gilt am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, es sei denn, er ist tatsächlich erst später zugegangen. Danach kann die Entstehung des Stammrechts nicht mehr verhindert, z. B. die Anspruchsdauer nicht mehr korrigiert werden. Für diese Rechtsfolge kommt es nicht darauf an, ob der Bewilligungsbescheid bereits bestandskräftig ist oder nicht.
Rz. 7a
Eine Bestimmung nach Abs. 2 ist nicht uneingeschränkt möglich. Sie muss sich in das Gefüge der Anspruchsvoraussetzungen einpassen. § 141 Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass eine vorzeitige wirksame persönliche Arbeitslosmeldung nur für einen Zeitraum von 3 Monaten im Voraus möglich ist, wenn der Eintritt von Arbeitslosigkeit innerhalb dieses Zeitraumes zu erwarten ist. Dies gilt auch für die Disposition nach Abs. 2. Auf das Erfordernis einer Arbeitsuchendmeldung nach § 38 Abs. 1 kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
- Es müssen alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
- Persönliche Arbeitslosmeldung und Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen am 1.12.2020. Die Disposition erfolgte am 22.12.2020 zum 1.4.2021.
Die Disposition ist nicht möglich, wenn die Agentur für Arbeit unter Hinweis auf § 141 Abs. 1 Satz 2 widerspricht. Der Zeitraum von 3 Monaten nach § 141 Abs. 1 Satz 2 ist überschritten. Die Dispositionserklärung nach Abs. 2 bewirkt, dass der Anspruch auf Alg nicht am 1.12.2020 entsteht, aber auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt. Ein Anspruch auf Alg am 1.4.2021 setzt eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung voraus.
Rz. 7b
Nach Abs. 2 kann auch das Ruhen des Anspruchs wegen der Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit nach § 159 vermieden werden, weil die Lage der Sperrzeit von dem Ereignis abhängt, dass den Eintritt der Sperrzeit begründet hat. Das kann zur Folge haben, dass auch keine Minderung der Anspruchsdauer vorgenommen wird (vgl. BSG, Urteil v. 5.8.1999, B 7 AL 38/98 R).
Rz. 8
Aus Abs. 2 folgt eine Beratungspflicht der Agentur für Arbeit, wenn eine Verzögerung der Entstehung des Stammrechts mit Vorteilen für den Arbeitslosen verbunden ist. Abs. 2 stellt eine zulässige Gestaltungsoption dar, die bei fehlender Beratung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wieder herzustellen ist (vgl. dazu z. B. LSG Sachsen, Urteil v. 12.7.2018, L 3 AL 76/16).
Rz. 9
Hat der Arbeitslose seine Dispositionsbefugnis nach Abs. 2 ausgeübt, kann er seine Erklärung nur mit Wirkung für die Zukunft korrigieren.
Rz. 9a
Nach eine...