Rz. 518
In Bezug auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes dafür, eine persönliche Meldung i. S. v. Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 i. V. m. § 309 zu versäumen, gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. Rz. 538 ff. und die alphabetisch aufgeführten Fallgestaltungen unter Rz. 561 ff.). Ein wichtiger Grund für ein Meldeversäumnis liegt stets vor, wenn dem Arbeitsuchenden bzw. dem Arbeitslosen die persönliche Meldung nicht möglich war, z. B. aufgrund von genehmigter Ortsabwesenheit oder bei einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankung, die es auch nicht erlaubt, am Meldeort persönlich zum Meldetermin vorzusprechen (vgl. BSG, Urteil v. 9.11.2010, B 4 AS 27/10 R). In dem vom BSG entschiedenen Verfahren hatte das Gericht in erster Linie das Erfordernis des Schuldvorwurfs bestätigt. Das Meldeversäumnis war vorwerfbar, weil das Jobcenter den Meldepflichtigen mit den Einladungsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass nur eine ärztliche Bescheinigung mit Angabe gesundheitlicher Gründe sein Nichterscheinen zu den Meldeterminen entschuldigen kann. Diese Rechtsprechung ist uneingeschränkt auf das Arbeitsförderungsrecht übertragbar. Es kann auch nicht eingewendet werden, dass betroffene Personen dadurch gezwungen würden, der Agentur für Arbeit Angaben über ihre Erkrankung zu machen, weil lediglich zu fordern ist, dass nicht stets eine Bescheinigung über vorliegende Arbeitsunfähigkeit ausreicht, um einen wichtigen Grund für ein Meldeversäumnis zu haben, sondern eine Bescheinigung darüber erforderlich sein kann, dass die betroffene Dienststelle der Agentur für Arbeit zum Meldetermin wegen der Erkrankung nicht aufgesucht werden konnte (sog. Bettlägerigkeitsbescheinigung). Angaben über die Erkrankung selbst sind nicht erforderlich.
Rz. 519
Unmöglichkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins ist ferner bei Ereignissen anzunehmen, die einer persönliche Vorsprache bei der Agentur für Arbeit verhindern, z. B. ein Unfall mit dem privaten Kfz oder dessen Ausfall, wenn die Agentur für Arbeit zu Fuß nicht in zumutbarer Zeit erreicht werden kann und auf öffentliche Nahverkehrsmittel nicht oder nicht in zumutbarer Zeit ausgewichen werden kann. Wer die objektiv bestehende Verhinderung verursacht hat, ist insoweit irrelevant.
Rz. 520
Neben der Unmöglichkeit der Vorsprache können auch Umstände einen wichtigen Grund darstellen, bei denen die Wahrnehmung der Meldung hinter andere Interessen zurücktreten muss, die eine persönliche Vorsprache insofern erschweren. Das sind objektivierbare persönliche Interessen des Arbeitsuchenden bzw. des Arbeitslosen, bei denen eine Abwägung mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ergibt, dass die persönlichen Interessen Vorrang haben. Hierbei ist einerseits das Interesse der Versichertengemeinschaft zu würdigen, dass sich vom Gewicht her allerdings erst aus dem individuellen Beratungszweck ergibt. So dürfte einem Vermittlungsangebot ein erheblich größeres Gewicht beizumessen sein als etwa der Beseitigung einer Unsicherheit über die weitere Gültigkeit der Anschrift des Arbeitslosen oder eine von den erlaubten Meldezwecken gedeckte beabsichtigte allgemeine Beratung. Ein vergleichbar hohes Gewicht kommt der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch bei vorhandenen Indizien aufgrund von Tatsachen im Einzelfall zu.
Bei den privaten Interessen sind zunächst die versicherungsrelevanten Umstände zu nennen, denen bei der notwendigen Interessenabwägung großes Gewicht zukommt, z. B. ein Vorstellungstermin bei einem potenziellen Arbeitgeber, aber auch andere Aktivitäten, die eine Beendigung des Versicherungsfalles zum Ziel haben (Arbeitsuche, berufliche Weiterbildung u. a.). Hinzutreten können wichtige persönliche Belange unabhängig vom Verlauf des Versicherungsfalles als wichtiger Grund, etwa bedeutsame persönliche Angelegenheiten familiärer oder geschäftlicher Art. Beispielhaft können hier Geburt, Tod, Hochzeit, Kommunion/Konfirmation u. a. naher Angehöriger genannt werden, aber auch eine Ladung vor Gericht.
Es wird stets zu betrachten sein, ob die verschiedenen Aktivitäten tatsächlich zeitgleich unternommen werden mussten. Der Arbeitslose kann im Einzelfall sicherlich, wenn ihm eine Verschiebung des hindernden Ereignisses nicht möglich oder zumutbar ist, auch eine Terminverschiebung bei der Agentur für Arbeit erreichen, muss aber dort vor dem Meldetermin anfragen. Meist genügt auch der Agentur für Arbeit eine Meldung an demselben Tag zu einer anderen Uhrzeit, ohne vorherige Abstimmung ist dies für den Arbeitslosen aber nur unschädlich, wenn der Meldezweck noch erreicht werden kann.
Rz. 521
Arbeitsuchende i. S. v. § 38 Abs. 1 dürfen sich auf arbeitnehmerbezogene Verhinderungen berufen, etwa keine Freistellung durch den Arbeitgeber, wenn der Meldetermin in die Arbeitszeit fällt oder so nahe daran angrenzt, dass der Meldetermin ohne eine Freistellung nicht wahrgenommen werden kann, etwa bei geringfügiger Beschäftigung oder bei Bezug von Teil-Alg.
Rz. 522
Ein Meldeversäumnis wegen einer akuten Erkrankung kann auch dann ents...