Rz. 12
Abs. 1 Nr. 4 regelt besondere Versicherungspflichtverhältnisse Gefangener. Die Vorschrift soll die Resozialisierung unterstützen. Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 definiert Gefangene im Sinne des SGB III mit Personen, die im Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen und Freiheit entziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung oder einstweilig nach § 126a Abs. 1 der StPO in Vollzugsanstalten untergebracht sind. Gefangene können als Freigänger in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis versicherungspflichtig nach § 25 Abs. 1 sein und werden insoweit nicht von § 26 erfasst. Dies regelt Abs. 3 Satz 2 nicht nur in Bezug auf Versicherungspflichtverhältnisse nach § 25 Abs. 1, sondern als Nachrang gegenüber jeglicher Versicherungspflicht aufgrund einer anderen Norm des SGB III. Die Versicherungspflicht der Beschäftigung durch den Freigänger kann nicht wegen der Arbeitspflicht angezweifelt werden. Auch steht der Versicherungspflicht nicht entgegen, dass der Direktor der Strafvollzugsanstalt dem Arbeitsvertrag zustimmen muss und das Entgelt auf ein Anstaltskonto zu überweisen ist (BSG, Urteil v. 16.10.1990, 11 RAr 3/90).
Rz. 13
Die sonstige Versicherungspflicht Gefangener erwächst dem Grunde nach aus der Arbeitspflicht aufgrund gesetzlichen Zwangs, die einem Beschäftigungsverhältnis nach § 25 Abs. 1 entgegensteht. Voraussetzung für Versicherungspflicht ist einerseits eine Beschäftigung, andererseits ein Arbeitsentgelt, eine Ausbildungsbeihilfe, Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45 StVollzG bzw. für Arbeit in Jugendstrafanstalten und in Untersuchungshaft die §§ 176, 177 StVollzG) bzw. eine vorrangige Leistung nach dem SGB III (vgl. § 22, z. B. die Berufsausbildungsbeihilfe). Abgesehen von nachrangiger Ausbildungsbeihilfe muss der Gefangene die Leistungen tatsächlich erhalten. Unabhängig von bestehender Arbeitspflicht unterfallen auch Untersuchungshäftlinge bei Beschäftigung mit Arbeitsentgelt der Versicherungspflicht. Die Tätigkeit nach den §§ 37 Abs. 1, 41 Abs. 1, 43 Abs. 1 StVollzG begründet kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis i. S. d. § 25. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine weisungsgebundene Tätigkeit und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Arbeitnehmer ist demnach, wer von einem Arbeitgeber in seiner Beschäftigung persönlich abhängig ist. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung des SG Detmold insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers. Weiterhin sei erforderlich, dass auf freiwilliger Basis ein auf Austausch von Arbeit und Lohn gerichtetes Beschäftigungsverhältnis begründet werde (unter Hinweis auf das LSG Hessen, Urteil v. 26.8.2011, L 7 AL 44/11, und das LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.3.2009, L 13 AL 4569/07). An diesen Voraussetzungen fehle es, wenn die Arbeitstätigkeit in der JVA auf gesetzlichem Zwang nach § 41 Abs. 1 StVollzG beruhe. Dass die Arbeit gegen Arbeitsentgelt nach den §§ 37, 41, 43 StVollzG kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis darstelle, ergebe sich auch im Umkehrschluss aus der Regelung des § 26 Abs. 1 Nr. 4. Dieser Regelung einer sonstigen Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung für Gefangene, die Arbeitsentgelt nach dem StVollzG erhalten, hätte es nicht bedurft, wenn bereits eine versicherungspflichtige Beschäftigung nach § 25 vorliegen würde (SG Detmold, Gerichtsbescheid v. 10.10.2013, S 18 AL 134/13).
Rz. 13a
Abs. 1 Nr. 4 HS 2 fingiert Versicherungspflicht zur Arbeitsförderung an arbeitsfreien Tagen im Strafvollzug. Die Regelung setzt voraus, dass vor dem oder den jeweiligen arbeitsfreien Tag/en Versicherungspflicht vorgelegen hat, denn die Vorschrift fingiert das Fortbestehen der Versicherungspflicht. Bei der Änderung des Begriffs "Versicherungsverhältnis" in "Versicherungspflichtverhältnis" zum 1.1.2019 handelte es sich lediglich um eine redaktionelle Berichtigung des Gesetzeswortlautes. Zusammenhängende Arbeitsabschnitte i. S. d. Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 HS 2 liegen nur dann vor, wenn die Unterbrechung der Arbeitsleistung ihre Ursache ausschließlich in der wochenend- bzw. feiertagsbedingten Arbeitsruhe hat. Wird an einem Tag aufgrund von Krankheit, Betriebsruhe oder aus sonstigen nicht vom Gefangenen zu vertretenden Gründen keine Arbeit verrichtet und folgt dem arbeitsfreien Tag ein Wochenende bzw. ein Feiertag, so liegt eine Unterbrechung des Arbeits- bzw. Ausbildungsabschnitts vor. Diese Tage können dann mangels eines zusammenhängenden Arbeits- bzw. Ausbildungsabschnittes nicht anerkannt werden. Gleiches gilt, wenn dem arbeitsfreien Tag ein Wochenende bzw. ein Feiertag vorausgeht, denn dann liegen diese Tage aufgrund ...