Rz. 3
Nr. 1 erklärt Vereinbarungen zwischen einem Vermittler und einem Arbeitsuchenden in 3 Fällen für unwirksam:
- bei der Höhe nach unzulässig vereinbarter Vergütung,
- bei der Sache nach unzulässig vereinbarter Vergütung und
- bei Formverstoß der Vereinbarung.
Die Regelung ist vor dem Hintergrund der gesetzlichen Absicht zu sehen, den Arbeitsuchenden vor Übervorteilung zu schützen. Dementsprechend ist sie nach dem Wortlaut eng auszulegen. Möglichkeiten für den Vermittler, einen finanziellen Vorteil aus einer unwirksamen Vereinbarung zu ziehen, sollten möglichst ausgeschlossen sein, weil die Unwirksamkeitsvorschriften sonst ihren Zweck nicht erreichen könnten. Aus der Nichtigkeit der Vereinbarung folgt insbesondere, dass bereits geleistete Zahlungen vom Arbeitsuchenden zurückgefordert werden können. Ein wirksamer schriftlicher Vermittlungsvertrag ist Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch (vgl. BSG, Urteil v. 6.5.2008, B 7/7a AL 8/07 R, SGb 2009 S. 176).
Rz. 4
Wird in einem Vermittlungsvertrag eine Vergütung vereinbart, die die zulässige Höchstgrenze überschreitet, muss davon ausgegangen werden, dass der Vermittler die Notlage des Arbeitsuchenden, allein oder mit Unterstützung der Agentur für Arbeit keine Arbeitsstelle zu finden, missbräuchlich ausgenutzt hat. Folge der Nichtigkeit des Vermittlungsvertrages ist insbesondere, dass der Vermittler keinerlei Vergütung beanspruchen kann, auch nicht für die von ihm bereits erbrachten Vermittlungsleistungen. Das gilt selbst dann, wenn seine Aktivitäten zum Abschluss eines Arbeitsvertrages geführt haben. Im Regelfall beträgt die Vermittlungsvergütung höchstens 2.000,00 EUR (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 3). Darüber hinaus darf ein Vermittlungsgutschein auf höchstens 2.500,00 EUR ausgestellt werden, wenn er sich auf einen Langzeitarbeitslosen oder einen behinderten Menschen i. S. v. § 2 Abs. 1 SGB IX bezieht. Vgl. dazu im Einzelnen die Komm. zu § 45. Andere Vergütungsmaßstäbe sind nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 301 möglich (vgl. die Komm. dort).
Rz. 5
Dasselbe gilt, wenn der Vermittler für Leistungen, die ausdrücklich kraft gesetzlicher Bestimmung (Feststellung der Kenntnisse des Arbeitsuchenden und mit der Arbeitsvermittlung verbundene Berufsberatung) oder durch Auslegung der Vorbereitung oder Durchführung der Arbeitsvermittlung zuzuordnen sind, vom Arbeitsuchenden eine zusätzliche Vergütung einfordert. Die Erhebung eines pauschalen Aufwendungsersatzes durch einen privaten Arbeitsvermittler für die Aufnahme in seine Datenbank unabhängig vom Vermittlungserfolg ist gemäß § 297 Nr. 1 i. V. m. § 296 Abs. 1 Satz 3 unwirksam (SG Cottbus, Urteil v. 5.10.2011, S 19 AL 66/10). Das Risiko der Nichtigkeit der Vereinbarung ist aufgrund der Ausgangslage für die Vertragspartner allein dem Vermittler zuzuordnen. Er darf sich wegen der Rechtswidrigkeit der Vereinbarung nicht mehr aufgrund bereits erbrachter Dienstleistungen bereichern. Im Grenzfall könnte er die Vergütung beanspruchen, die der gesetzlichen Höchstgrenze entspricht, demgegenüber ginge § 297 Nr. 1 ins Leere. Dies wäre abzulehnen, weil der Vermittler dann kein Risiko mehr dafür trüge, rechtswidrige Vergütungen zu verlangen. In Konkretisierung der Vermittlungstätigkeit hat das BSG verlangt, dass sich der Vermittler sowohl ein Bild über die Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen als auch die Anforderungen des vermittelten Arbeitsplatzes gemacht hat (BSG, Urteil v. 6.5.2008, B 7/7a AL 8/07 R, SGb 2009 S. 176). Im Übrigen geht das BSG davon aus, dass für den Vermittlungsbegriff im Ansatz von § 652 BGB auszugehen ist. Die Bundesagentur für Arbeit ist als Betreiberin eines Internetportals ("Jobbörse") berechtigt, Angebote privater Arbeitsvermittler zu löschen, wenn diese von Arbeitsuchenden die Zahlung eines erfolgsunabhängigen pauschalen Aufwendungsersatzes verlangen (BSG, Urteil v. 6.12.2012, B 11 AL 25/11 R, SozR 4-4300 § 43 Nr. 1).
Rz. 6
Bei Verletzung des Schriftformerfordernisses des Vermittlungsvertrages muss ebenfalls davon ausgegangen werden, dass der Vermittler die Lage des Arbeitsuchenden missbräuchlich ausnutzt. Aus dem Formverstoß kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Vermittler sich unangemessen bereichern will. Käme dieser Gesichtspunkt hinzu, würden die anderen Fallgestaltungen der Nr. 1 zur Anwendung kommen. Deshalb schließt ein Formverstoß nicht aus, dass der Vermittler eine Vergütung in angemessenem Umfang für erbrachte Dienstleistungen beanspruchen kann (Rechtsgedanke des bereicherungsrechtlichen Anspruchs nach den §§ 812, 817, 818 BGB). Hat der Arbeitsuchende bereits Zahlungen geleistet, kommt insofern eine Aufrechnung der Rückforderung mit erbrachten Dienstleistungen in Betracht. Aus einem nicht (mehr) formwirksamen Vermittlungsvertrag kann der Arbeitsvermittler keine Vermittlungsprovisionsansprüche herleiten (SG Neuruppin, Urteil v. 7.3.2011, S 26 AS 666/08).
Rz. 7
Nr. 1 hat keinen Anwendungsbereich auf Vereinbarungen zwischen einem Vermittler und einem Arbeitgeber. Die Vorschrift ist aber auf den Ver...