0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) wurde Abs. 2 mit Wirkung zum 1.1.2004 geändert.
Durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.4.2012 geändert.
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (Qualifizierungschancengesetz) v. 18.12.2018 (BGBl. I S. 2651) mit Wirkung zum 1.1.2019 neu gefasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift wurde zum 1.1.2019 neu gefasst. Dabei wurden die beiden Absätze nach früherer Fassung aufgelöst. Satz 1 der Vorschrift übernimmt und ergänzt Abs. 1 a. F.; Satz 2 enthält die Kompetenz für die Agenturen für Arbeit, im Rahmen der Berufsberatung auch eine Potenzialanalyse entsprechend § 37 Abs. 1 anzubieten. Der frühere Abs. 2 zur nachgehenden Beratung ist entfallen. Er ist in dem neuen § 29 Abs. 3, der ebenfalls mit Wirkung zum 1.1.2019 in Kraft getreten ist, aufgegangen. Die Grundsätze der Berufsberatung sind stets im Zusammenhang mit den anderen Vorschriften zum Beratungs- und Vermittlungsangebot zu sehen und zu verstehen.
Rz. 2a
Satz 1 bestimmt, dass bei der Berufsberatung Neigung, Eignung, berufliche Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit der Ratsuchenden zu berücksichtigen sind. Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit waren auch vor 2019 bereits zu berücksichtigen. Neu hinzugekommen sind ab dem 1.1.2019 die beruflichen Fähigkeiten des Ratsuchenden. Auch die Beschäftigungsmöglichkeiten waren schon nach der früheren Fassung der Vorschrift zu berücksichtigen. Nach der Neufassung der Vorschrift sind nunmehr präziser aktuelle und zu erwartende Beschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Satz 1 betont als Grundsatz stärker die individuelle Seite der Ratsuchenden, die einzelnen Beratungselemente gehen auch schon aus den vorherigen Vorschriften hervor. Insoweit handelt es sich um eine Klarstellung im Gesetz unter dem Begriff der Grundsätze, womit die besondere Bedeutung ihrer Einhaltung hervorgehoben wird.
Rz. 2b
Satz 2 ist ein Angebots-Grundsatz. Er stellt eine Option für die Agentur für Arbeit dar. Schon Satz 1 fordert die Feststellung von Eignung, Neigung und Leistungsfähigkeit in beruflicher und persönlicher Hinsicht, ohne eine solche Feststellung könnten diese ja im Zuge der Berufsberatung nicht berücksichtigt werden. Die in § 37 Abs. 1 näher definierte Potenzialanalyse stellt ein Instrument dar, mit dem viele relevante Eigenschaften und Fähigkeiten festgestellt werden sollen. Das Angebot der Durchführung einer Potenzialanalyse bedeutet die Durchführung, wie sie § 37 Abs. 1 entspricht. Das Angebot liegt im Ermessen der Agentur für Arbeit.
Rz. 2c
Die Änderung der Vorschrift zum 1.4.2012 diente im Wesentlichen dazu, die Vorschrift geschlechtsneutral abzufassen.
2 Rechtspraxis
2.1 Berücksichtigung von persönlichen Merkmalen und Fähigkeiten des Ratsuchenden (Satz 1)
Rz. 3
Satz 1 listet den Inhalt von Gesprächen zur Berufsberatung auf. Dabei handelt es sich um qualitative Kriterien. Durch die Feststellungen wird gewährleistet, dass ein recht umfassendes Bild des Ratsuchenden entsteht, das auf qualitativ hochwertiger Arbeit der Beratungsfachkraft beruht. Ziele der Berufsberatung sind die Berufswahl, die berufliche Entwicklung oder der Berufswechsel (vgl. § 30 Nr. 1). Die Berufsberatung soll dazu beitragen, dass das Risiko einer falschen Berufswahl, unrichtiger oder überzogener Vorstellungen von der beruflichen Entwicklung oder ein Berufswechsel mit falschem Ziel vermindert wird. Die in Satz 1 gelisteten Feststellungen stellen die Basis für Auskunft und Rat dar, mit deren Unterstützung die Ratsuchenden zu tragenden Entscheidungen geführt werden sollen. Auch wenn die Berufsberatung verpflichtend anzubieten, teilweise auch verpflichtend durchzuführen ist, ist die Beratungsfachkraft darauf angewiesen, dass der Ratsuchende mit der Berufsberatung einverstanden ist, sie also freiwillig in Anspruch nimmt und bei der Beratung im Gespräch mitwirkt.
Rz. 4
Zur Berücksichtigung bei Auskunft und Rat sind die Neigung, Eignung, berufliche Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit festzustellen und mit den aktuellen und zukünftigen Beschäftigungsmöglichkeiten zu verknüpfen. Ärztliche und psychologische Untersuchungen und Begutachtungen richten sich nach § 32.
Die Feststellung beruflicher Neigungen bedeutet, Visionen, Ziele, Wertvorstellungen und Bedürfnisse in Bezug auf die (zukünftige) berufliche Tätigkeit des Ratsuchenden festzustellen. Hierfür können unzählige Fragen gestellt und Kategorien entworfen werden. Häufig wird nach wirtschaftlich/kaufmännischen, technisch-mathematisch/naturwissenschaftlichen, sozialen und kreativen Kategorien unterschieden. Neigungen geben persönliche Vorlieben und Interessen wider, die auf bevorzugte berufliche Tätigkeiten hinweisen. Letztlich ist es eine persönliche Anteilnahme, die widerspiegelt, in welchem Ausmaß Interesse an Personen und Sachen besteht. Dieses Interesse bildet auch die Grundlage für die Motivation daran. Bezogen auf berufliche Tätigk...