0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Abs. 1 wurde mit Wirkung zum 1.1.2004 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) geändert.
Abs. 1 und 2 der Vorschrift wurden durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 geändert. Dadurch wurde die Vorschrift zugleich geschlechtsneutral ausformuliert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift bestimmt eine umfassende öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht gegenüber der Agentur für Arbeit (Abs. 1) und dem Insolvenzverwalter (Abs. 2). Sie verfolgt den Zweck, das Insolvenzgeldverfahren zu unterstützen, indem die für das Insolvenzgeldverfahren notwendigen Informationen beschafft werden können. Grundsätzlich werden alle Personen zur Auskunft verpflichtet, die bei der Feststellung der für das Insolvenzgeld relevanten Tatsachen behilflich sein können. Damit verknüpft § 316 die verfahrensrechtlichen Erfordernisse des Leistungsverfahrens mit den materiell-rechtlichen Grundlagen für das Insolvenzgeld, auf die in der Vorschrift auch Bezug genommen wird.
Rz. 2a
Abs. 1 schafft eine Rechtsgrundlage für die Agentur für Arbeit, Auskünfte gegenüber allen Personen verlangen zu dürfen, die Einblick in die Arbeitsentgeltunterlagen des insolventen Unternehmens hatten. Voraussetzung ist allein, dass die begehrten Informationen für den Anspruch auf das Insolvenzgeld selbst, der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages bei Insolvenz, der Mittelbereitstellung für das Insolvenzgeld, der Errechnung und Auszahlung der Leistung oder die Feststellung der Zuständigkeit für die Erbringung des Insolvenzgeldes erforderlich sind. Damit wird der Agentur für Arbeit insbesondere ein Instrument an die Hand gegeben, um Missbrauch bei der Inanspruchnahme von Insolvenzgeld zu vermeiden oder aufzudecken. Durch die Rechtsgrundlage können die der Insolvenz und der Insolvenzgeldzahlung zugrunde liegenden oder zugrunde zu legenden Sachverhalte zuverlässiger festgestellt werden.
Rz. 2b
Abs. 2 schafft eine Rechtsgrundlage für den Insolvenzverwalter, Auskünfte gegenüber jeder Person verlangen zu dürfen, die Einblick in die Arbeitsentgeltunterlagen des insolventen Unternehmens hatten. Voraussetzung ist allein, dass die begehrten Informationen für die Ausstellung der Insolvenzgeldbescheinigung erforderlich sind.
Rz. 2c
Abs. 2 verfolgt das Ziel, die Agentur für Arbeit von den relevanten Feststellungen zu entlasten. Ihr kommt im Umfang des Abs. 2 Nachrang hinsichtlich der Ermittlung des relevanten Sachverhaltes gegenüber dem Insolvenzverwalter zu. Dieser hat nach der Natur der Sache den leichteren Zugriff auf die erforderlichen Daten. Insoweit trägt die Vorschrift zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens bei. Kann der Insolvenzverwalter die benötigten Auskünfte nach Abs. 2 nicht erlangen, muss die Agentur für Arbeit nach dem Untersuchungsgrundsatz der Behörde vorgehen und den Sachverhalt selbst feststellen. Dabei steht ihr als Zwangsmittel die Feststellung und Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 404 Abs. 2 Nr. 23 zur Verfügung.
Rz. 2d
Bei einer Gesamtschau dehnt § 316 die im Übrigen schon bestehenden Auskunftspflichten, etwa nach § 315 und im datenschutzrechtlichen Rahmen des § 402 soweit aus, wie dies zur vollständigen Feststellung des insolvenzrechtlichen Sachverhaltes im Kontext der Arbeitsförderung erforderlich ist. Die Rechtsänderungen zum 1.4.2012 waren nur redaktioneller Art, insbesondere, um die Vorschrift geschlechtsneutral auszuformulieren.
2 Rechtspraxis
2.1 Grundsatz
Rz. 3
Eine Auskunftspflicht nach Abs. 1 und 2 besteht nur, soweit die begehrten Auskünfte für die Durchführung des Insolvenzgeldverfahrens einschl. des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Abs. 1) bzw. zur Ausstellung der Insolvenzgeldbescheinigung (Abs. 2) erforderlich sind. Der Begriff der Erforderlichkeit ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entnommen. Im Spannungsfeld der Verfolgung eines erlaubten Zwecks mit einem grundsätzlich erlaubten Mittel ist Erforderlichkeit ein Anforderungsmerkmal, das über die Eignung des ausgewählten Mittels hinausgeht. Geeignet ist ein Mittel schon dann, wenn es den verfolgten Zweck fördert. Erforderlich sind Auskünfte nach § 316 nur, wenn keine die Betroffenen geringer belastenden Möglichkeiten für die Agentur für Arbeit bzw. den Insolvenzverwalter bestehen, die maßgebenden Informationen mit der für das Insolvenzgeldverfahren bzw. die Ausstellung der Insolvenzgeldbescheinigung notwendigen Qualität, insbesondere die Validität der Daten, zu erhalten. Bezogen auf § 316 besteht eine Auskunftspflicht mangels Erforderlichkeit nicht, soweit die benötigten Daten in der notwendigen Qualität den Antragsunterlagen des Insolvenzgeld begehrenden, mitwirkungspflichtigen Arbeitnehmers entnommen werden können. Im Übrigen ist zu beachten, dass, bezogen auf die jeweilige Fachlichkeit der begehrten Auskunft, eine andere Person heranzuziehen ist. Die Agentur für Arbeit wie auch der Insolvenzverwalter muss also auch hier das jeweils mildeste Mittel wählen.
Rz. 4
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