Rz. 3
Regelnorm für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ist § 26 Abs. 2 SGB IV. Danach wird eine Erstattung nur verneint, soweit aufgrund dessen auch Leistungen erbracht worden sind. § 351 Abs. 1 hingegen ordnet die Beitragserstattung auch für die Fälle an, in denen Versicherungsleistungen zur Arbeitsförderung erbracht worden sind. Die gezahlten Leistungen in der irrtümlichen Annahme, es habe Versicherungspflicht bestanden, sind jedoch anzurechnen und mindern damit den Erstattungsanspruch. Damit wird dem realen Praxisfall Rechnung getragen, dass nach jahrelanger Beitragszahlung erst im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit mit kurzem Leistungsbezug die Versicherungspflicht überprüft und verneint wird (z. B. bei der Prüfung der Arbeitsbescheinigung nach § 312 oder nachträglichen Überprüfungen nach dem Datenabgleich nach § 397).
Rz. 4
Der Erstattungsgrund bleibt grundsätzlich unberührt. In der Arbeitslosenversicherung kann – abgesehen von dem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag (der sog. freiwilligen Weiterversicherung nach § 28a) – Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit nicht nach Wunsch beeinflusst werden. Vielmehr tritt Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes ein. In besonderen Fällen kann zu dieser Frage die Deutsche Rentenversicherung Bund eingeschaltet werden (vgl. § 336). Deren Entscheidung bindet die Agentur für Arbeit.
Rz. 5
Der Rechtsgrund für die Zahlung der Beiträge kann nicht rückwirkend entfallen, weil Versicherungspflicht kraft Gesetzes besteht oder nicht. Beiträge sind nur dann zu Unrecht entrichtet worden, wenn von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich später als unrichtig erweist. Insoweit liegt eine Parallele zu § 44 SGB X vor. Zu Unrecht gezahlte Beiträge beruhen im Übrigen auf einem oder mehreren materiell-rechtlichen Fehlern des die Versicherungspflicht feststellenden Verwaltungsaktes der Einzugsstelle. Zur Erstattung ist dieser Verwaltungsakt (rückwirkend) aufzuheben.
Die nachträgliche und rückwirkende Gewährung der Altersrenten hat die Versicherungs- und Beitragspflicht in der Rentenversicherung nicht rückwirkend aufgehoben und damit unrechtmäßig gemacht. Die Formulierung "zu Unrecht entrichtete Beiträge" bezieht die Rechtswidrigkeit der Beitragszahlung auf den Zeitpunkt der Beitragsentrichtung. Zu diesem Zeitpunkt war die Beitragszahlung aber rechtmäßig. Wegen einer nachträglichen Änderung der Rechtslage können Beitragserstattungen deswegen nicht verlangt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Änderung der Rechtslage rückwirkend erfolgt. Eine Beitragserstattung aufgrund nachträglicher Rechtsänderung scheidet vor allem dann aus, wenn damit rückwirkend in das Versicherungsverhältnis eingegriffen wird. Beiträge, die zunächst rechtmäßig entrichtet worden sind und die Rente erhöhen, müssen aus Vertrauensschutzgründen im Rentenkonto verbleiben. Ein Vertrauen kann nur durch gezahlte Beiträge entstehen, nicht durch Leistungen allein, die eine Beitragspflicht begründen könnten (SG Nürnberg, Urteil v. 27.4.2021, S 3 BA 118/20).
Rz. 6
Ein Erstattungsanspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Bundesagentur für Arbeit durch einen die Versicherungspflicht feststellenden Verwaltungsakt nach § 336 leistungsrechtlich gebunden wurde.
Rz. 7
Ein Erstattungsanspruch kann auch bestehen, wenn überhöhte Beiträge gezahlt wurden. Aufgrund des einheitlichen Beitragssatzes zur Arbeitsförderung setzt dies allerdings einen Mangel bei der Feststellung der Versicherungspflicht mit Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage voraus.
Rz. 7a
Wurden Beiträge zu Unrecht entrichtet und daraufhin in der irrtümlichen Annahme, es habe Versicherungspflicht bestanden, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) festgestellt und Alg ausgezahlt, darf das Alg auf den Beitragserstattungsanspruch angerechnet werden. Soweit nach Beendigung des Bezuges von Alg erneut Beiträge zu Unrecht entrichtet werden, darf der Beitragserstattungsanspruch insoweit nicht vermindert werden, weil das Alg nicht auf der Zahlung dieser rechtswidrigen Beiträge beruht (vgl. in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des BSG, Urteil v. 25.3.2004, B 12 AL 1/03 R). Es besteht kein sozialrechtlicher Ersatzanspruch gegen die Einzugsstelle, wenn ein Arbeitgeber von Versicherungsfreiheit ausgegangen ist (Betriebsprüfer hatte in einem Vermerk "Student" geschrieben), nach bindend gewordenen Nachforderungen die Arbeitnehmeranteile vom Beschäftigten aber nicht mehr erhalten kann (BSG, Urteil v. 27.1.2000, B 12 KR 10/99 R). Grundsätze der positiven Forderungsverletzung greifen nicht.
Rz. 8
Wurden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig getragen, steht jedem Beitragszahler die Erstattung des von ihm entrichteten Anteils zu. Die Beitragserstattung erfolgt ohne Antrag von Amts wegen. Erstattungsberechtigt ist, wer den Beitrag nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu tragen hatte. Das ist bei Beschäftigten hinsichtlich ihres Beitragsanteils auch d...