Rz. 2
Der finanzielle Aufwand für die Winterarbeitslosigkeit soll nach dem politischen Willen nicht allein der Versichertengemeinschaft der Arbeitsförderung auferlegt werden. Ein witterungsbedingter Ausfall an Bautätigkeiten in den Wintermonaten oder mit der Ausübung des Gewerbes verbundene Mehrkosten in dieser Jahreszeit sind dem Risiko des baugewerblichen Arbeitgebers zuzuordnen. Der Gesetzgeber ist daher darum bemüht, einerseits im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus dem Beitragsaufkommen Winterarbeitslosigkeit zu bekämpfen und damit die arbeitsmarktpolitischen Ziele zu unterstützen, andererseits aber das Risiko der Bauwirtschaft in angemessenem Umfang durch Beteiligung an den Förderungskosten für das Saison-Kurzarbeitergeld ergänzende Leistungen nach § 102, das Wintergeld und die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge, zu berücksichtigen. Diese wird in der Literatur auch als ein sozialversicherungsrechtlicher Sonderbeitrag für zweckgebundene Ausgaben bezeichnet.
Rz. 3
Dazu hat der Gesetzgeber für die Beteiligung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer an den Kosten die Form der Umlage gewählt. Das Umlageprinzip ermöglicht, die Bauunternehmer und Arbeitnehmer des Baugewerbes nur mit den tatsächlich entstehenden Kosten anteilig zu belasten. Außerdem enthält die Umlage den Gedanken, nur diejenigen (Arbeitgeber) an der Umlage zu beteiligen, die auch Förderleistungen erhalten können, jedenfalls grundsätzlich in die Förderung einbezogen sind. Die Winterbeschäftigungs-Umlage ist daher eine branchenspezifische, zweckgebundene Umlage.
Von vornherein ist die Bauwirtschaft in die Umlagepflicht einbezogen, weil sie vom Saison-Kurzarbeitergeld und den ergänzenden Leistungen erfasst wird. Weitere Wirtschaftszweige haben sich ergeben, nachdem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf der Grundlage von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien entsprechende Festlegungen durch Rechtsverordnung nach § 109 Abs. 2 getroffen hat. Bis dahin haben die baugewerblichen Arbeitgeber und ggf. Arbeitnehmer den Sonderbeitrag im Rahmen der Sozialversicherung allein erbracht.
Rz. 3a
Voraussetzung für die Verpflichtung zur Winterbauumlage ist, dass von dem Unternehmen überwiegend Bauleistungen erbracht werden. Erforderlich ist insoweit, dass diese mehr als 50 % der insgesamt erbrachten Arbeitsstunden ausmachen. Dem Arbeitgeber, in dessen Sphäre die nachzuweisenden Umstände liegen, kommt wegen seines Erkenntnisvorsprungs eine besondere Mitwirkungsobliegenheit zu. Zwar trifft es zu, dass die Vermutungsregel des § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB III die Agentur für Arbeit nicht von einer konkreten Bewertung eines Mischbetriebs entbindet. Sie hat deshalb weiterhin § 20 SGB X zu beachten und den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Dem Arbeitgeber, in dessen Sphäre die nachzuweisenden Umstände liegen, kommt aber wegen seines Erkenntnisvorsprunges eine besondere Mitwirkungsobliegenheit zu. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Mitwirkungsobliegenheit (§ 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X), reicht bereits jeder Hinweis auf einen Anteil von Bauleistungen aus, um die Vermutungswirkung eintreten zu lassen (LSG Hamburg, Urteil v. 18.1.2023. L 3 AL 42/21).
Rz. 3b
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Betrieb zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet ist, kommt es nicht allein auf die Darstellung des Betriebes nach Außen hin an, sondern auf die tatsächlichen Umstände innerhalb des Betriebes. Der Internetauftritt des Betriebes kann lediglich ein wichtiges Indiz darstellen. Zutreffend ist, dass der Internetauftritt des Unternehmens zum Bereich Hoch- und Tiefbau ein wichtiges Indiz darstellt. Dennoch kommt es nicht allein auf die Darstellung des Unternehmens nach Außen hin an, sondern auf die tatsächlichen Umstände innerhalb des Unternehmens. Allein aus dem Angebot von Leistungen aus dem Bereich des Hoch- und Tiefbaus und der Benennung von Ansprechpartnern ergibt sich noch nicht der Nachweis einer eigenständigen Betriebsabteilung. Nichts anderes ergibt sich aus dem von Betriebsprüfern wahrgenommen Aufsteller in den Büroräumlichkeiten sowie dem Umstand, dass das Unternehmen nicht nur im Bereich Hoch- und Tiefbau Leistungen angeboten, sondern neben der überwiegenden Tätigkeit im Elektrobereich auch tatsächlich Bauleistungen erbracht hat. Insoweit ist auch die Einlassung glaubhaft, wonach die Eintragung des Gewerks sowie die Angabe eines Mitarbeiters als handwerklicher Bauleiter dem Umstand geschuldet gewesen ist, dass Tätigkeiten im Hoch- und Tiefbau bereits als Zuarbeit für den Elektrobereich erforderlich und allein als Legitimation für die Durchführung und das Angebot solcher Maßnahmen ein Eintrag in die Handwerksrolle erforderlich gewesen ist. Nach § 1 Abs. 1 HWO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. Wenn sich aus eingereichten Arbeitsverträgen e...