Rz. 9
Die Förderung ist von der Erforderlichkeit einer auswärtigen Unterbringung abhängig. In diesem Fall können die Kosten pauschal übernommen werden. Das setzt zunächst voraus, dass der Teilnehmer an der Weiterbildungsmaßnahme seinen bisherigen Wohnort als Lebensmittelpunkt beibehält. Ist das nicht der Fall, kann er lediglich mit Fahrkosten für Pendelfahrten von der auswärtigen Unterkunft zur Bildungsstätte gefördert werden. Unerheblich ist dagegen, ob ein Umzug an den Maßnahmeort zumutbar wäre oder nicht. Es liegt nahe, Einklang mit der Auslegung der §§ 85 und 63 herzustellen.
Rz. 10
Eine auswärtige Unterbringung liegt im Fördersinne vor, wenn der Maßnahmeteilnehmer unter Beibehaltung seiner bisherigen Wohnung eine weitere Unterkunft am Maßnahmeort oder im Tagespendelbereich der Bildungsstätte bezieht. Die Agentur für Arbeit hat darüber zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz am bisherigen Wohnort oder an der neu bezogenen Unterkunft hat. Das ist nach § 30 Abs. 3 SGB I die Wohnung, die der Teilnehmer an der Weiterbildungsmaßnahme u. U. innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Entscheidend ist der Lebensmittelpunkt, für den es nicht auf die polizeiliche Meldung, sondern neben der Beibehaltung der Unterkunft am bisherigen Umfeld auf die innere Beziehung, auf die familiären Umstände und das soziale Umfeld ankommt. Den Lebensmittelpunkt bildet regelmäßig der bisherige Wohnsitz, wenn dort die Familie oder der Lebenspartner verbleibt. Auch ledigen Maßnahmeteilnehmern, die bis zum Maßnahmebeginn bei ihren Eltern gewohnt haben, wird ein verbliebener Lebensmittelpunkt dort nicht ohne weiteres abgesprochen werden können. Die Unterkunft im Umfeld der Bildungsstätte wird in aller Regel einen provisorischen Charakter aufweisen. Es ist keine Frage der Zumutbarkeit, ob der ledige Teilnehmer den Lebensmittelpunkt an seinem bisherigen Wohnsitz beibehält, ggf. auch bei seinen Eltern, weil dies eine persönliche Entscheidung des Teilnehmers ist, in die die Arbeitsverwaltung nicht eingreifen darf (vgl. schon BSG, Urteil v. 30.1.1975, 7 RAr 87/73).
Rz. 11
Eine auswärtige Unterbringung kann nur gefördert werden, wenn sie erforderlich ist. Die Erforderlichkeit grenzt die besonderen Fälle vom Regelfall der wohnortnahen Weiterbildung ab, bei denen bestimmte Weiterbildungen nur an wenigen Standorten im Bundesgebiet oder gar im Ausland durchgeführt werden. Erforderlichkeit ist ein Begriff, der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entnommen ist und zum Ausdruck bringt, dass kein milderes Mittel vorhanden sein darf, um das Ziel der Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme zu erreichen. Das ist aber regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Bildungsstätte durch tägliches Pendeln erreichen kann, weil er dann seinen Lebensmittelpunkt zum Besuch der Maßnahme nicht verlassen muss. Ein milderes Mittel ist jedoch dann nicht mehr vorhanden, wenn das tägliche Pendeln unzumutbar ist. Dabei kommt es vor allem auf die tägliche Pendelzeit an.
Die Zumutbarkeit von Pendelzeiten regelt das Gesetz bereits im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld (Alg) als Versicherungsleistung bei der Frage, welche Beschäftigungen dem Arbeitnehmer, der Alg begehrt, zumutbar sind (§ 140 Abs. 4). Hierauf kann auch für zumutbare Pendelzeiten zur Teilnahme an auswärtigen Maßnahmen zurückgegriffen werden. Dadurch können die Fälle abgegrenzt werden, in denen die Ausbildungsstätte vom Familienwohnort aus nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann. Eine Pendelzeit ist danach unzumutbar, wenn sie täglich vom Wohnort zur Bildungsstätte im Vergleich zur Weiterbildungszeit unverhältnismäßig lang ist. Das sind im Regelfall Pendelzeiten von mehr als 2,5 Stunden täglich bei einer Vollzeitmaßnahme (Weiterbildungszeit von mehr als 6 Stunden), ansonsten bei mehr als 2 Stunden Pendelzeit und einer Arbeitszeit von höchstens 6 Stunden täglich. Allerdings können auch längere Pendelzeiten zumutbar sein, wenn dies in einer Region für vergleichbare Weiterbildungsteilnehmer üblich ist. Dann bilden diese den Maßstab. Die Pendelzeit wird berechnet, indem die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Erreichen der Bildungsstätte gemessen wird. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind z. B. auch der Zugang zur Haltestelle bzw. zum Bahnhof und der Abgang von der Ausstiegsstelle zur Bildungsstätte sowie Umsteigezeiten mitzuzählen. Bei persönlichen Beeinträchtigungen ist auf die tatsächliche Zeit abzustellen, also insbesondere einen längeren Zu- und Abgang, ggf. eine längere Umsteigezeit. Längere Pendelzeiten als 2,5 Stunden bei mehr als 6-stündiger Weiterbildung können insbesondere in ländlichen Regionen mit schwacher Verkehrsanbindung üblich sein, es kommt allein auf vergleichbare Beschäftigte zum Arbeitnehmer an. Umgekehrt sind im Einzelfall auch Entscheidungen denkbar, durch die Leistungen nach § 86 erbracht werden, obwohl das Pendeln allein wegen des Zeitaufwands noch zumutbar wäre, aber aufgrund anderer individueller Umstände...