Rz. 6
Nach dem Wortlaut des Gesetzes werden Arbeitnehmer gefördert, obwohl es tatsächlich selbständige Existenzgründer sind. Relevant ist daneben, dass durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitslosigkeit kausal beendet wird. Das bedeutet zunächst, dass nur Arbeitslose für die Förderung in Betracht kommen; denn nur sie können (ihre) Arbeitslosigkeit beenden. Voraussetzung für den Gründungszuschuss ist eine bestehende Arbeitslosigkeit. Daran fehlt es, wenn die betreffende Person nicht verfügbar ist, d. h. nicht bereit ist, jede zumutbare versicherungspflichtige Beschäftigung anzunehmen und auszuüben (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 4.5.2023, L 9 AL 133/21). Der Gründungszuschuss kann zudem dann nicht gewährt werden, wenn tatsächlich keine Arbeitslosigkeit vorlag, weil die Beschäftigungslosigkeit herbeigeführt wurde, um eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. In diesem Fall fehlt es an der erforderlichen tatsächlichen Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt (LSG Saarland, Urteil v. 7.9.2021, L 6 AL 1/20). Eine Förderung ist dagegen ausgeschlossen, wenn ein Arbeitnehmer eine Existenzgründung unmittelbar aus einer Beschäftigung heraus vornimmt oder ein selbständig Tätiger eine neue Existenz gründet und in beiden Fällen nicht bereits Arbeitslosigkeit wegen des zeitlichen Umfangs der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit vorliegt. Ein Gründungszuschuss kommt dann nicht in Betracht, wenn zwischen dem Ende einer Beschäftigung und der Aufnahme einer beabsichtigten selbständigen Tätigkeit nur eine sehr kurze Zeitspanne liegt, z. B. nur ein Sonntag (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 4.5.2023, L 9 AL 133/21). Arbeitslosigkeit richtet sich nach § 16 bzw. in näherer Ausgestaltung nach § 138. Daraus ergibt sich der zeitliche Umfang einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit von weniger als 15 Stunden wöchentlich, während die Arbeitslosigkeit fortbesteht. Der Verneinung subjektiver Verfügbarkeit und damit des nach Abs. 1 anspruchsbegründenden Merkmals der Beendigung von Arbeitslosigkeit steht nicht entgegen, dass dem Antragsteller mit bestandskräftigem Bescheid Alg bewilligt wurde. Denn dieser Bescheid entfaltet für die Gewährung eines Gründungszuschusses im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Beendigung von Arbeitslosigkeit keine Tatbestandswirkung (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.1.2021, L 18 AL 48/20).
Rz. 7
Daraus ergibt sich auch, dass eine Existenzgründung aus einer kurzzeitigen selbständigen Tätigkeit, auch durch Ausweitung dieser Tätigkeit zu einer hauptberuflichen, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Tätigkeit mit dem Gründungszuschuss gefördert werden kann (vgl. zum früheren Überbrückungsgeld BSG, Urteil v. 1.6.2006, B 7a AL 34/05 R). Nach seinem Zweck ist der Gründungszuschuss nicht aber der frühere Existenzgründungszuschuss auf selbständige Tätigkeiten im Inland beschränkt gewesen (vgl. BSG, Urteil v. 27.8.2008, B 11 AL 22/07 R, zum Existenzgründungszuschuss nach § 421l a. F.). Hat der Betroffene bereits mit Beginn der selbständigen Tätigkeit seinen Lebensmittelpunkt in das Ausland verlegt, hat er weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (§ 30 Abs. 1 SGB I). Dann besteht kein Anspruch auf den Gründungszuschuss (BSG, Urteil v. 6.3.2013, B 11 AL 5/12 R). Beim früheren Existenzgründungszuschuss sei eine strenge Bindung an den Inlandswohnsitz entbehrlich gewesen, weil es auf die Tragfähigkeit der Unternehmung und die Zweckbindung der Leistung nicht angekommen sei.
Rz. 7a
Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 1 kann das sich Ermessen der Agentur für Arbeit auf Null reduzieren, wenn sie sich in einer Eingliederungsvereinbarung mit dem Arbeitslosen auf einen Beruf als Eingliederungsziel festgelegt hat, der typischerweise in Form einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird (SG Mannheim, Urteil v. 23.8.2012, S 14 AL 2139/12; vgl. auch SG Duisburg, Urteil v. 28.2.2014, L 8 AL 1515/13). Dasselbe gilt, wenn es sich bei der aufgenommenen selbständigen Tätigkeit um die einzige Maßnahme handelt, mit der eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung erreicht werden könnte (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 17.1.2013, L 18 AL 5/13 B ER). Dann kann sich die Rechtslage so darstellen, dass nur eine einzige Entscheidung, nämlich die positive Förderentscheidung, sich als ermessensfehlerfreie Entscheidung darstellt.
Rz. 7b
Nach Auffassung des SG Karlsruhe kann das In-Aussicht-Stellen eines Gründungszuschusses per E-Mail, das die Voraussetzungen einer Zusicherung zwar nicht erfüllt, beim Antragsteller aber gleichwohl ein berechtigtes Vertrauen in die Fördervoraussetzungen begründet, das Ermessen der Agentur für Arbeit auf Null reduzieren. Änderten sich die gesetzlichen Voraussetzungen, sei die Agentur für Arbeit in einem solchen Falle in der Pflicht, den Antragsteller zu informieren, sodass dieser sein Verhalten danach ausrichten und zulässige Gestaltungsmöglichkeiten umsetzen könne (SG Karlsruhe, Urteil v. 17.1.2013, S 16 AL 949/12).