Leitsatz
Gehören einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in der Bundesrepublik mehr als 25 % der stimmberechtigten Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, sind die Anteile in der Bundesrepublik von der Besteuerung auszunehmen.
Normenkette
Art. 13 Abs. 4 DBA-Niederlande , Art. 19 Abs. 1 Buchst. c DBA-Niederlande , Art. 20 Abs. 2 DBA-Niederlande
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland, war zu 100 % an der X-B.V. in den Niederlanden beteiligt. Das FA erfasste diese Beteiligung bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1.1.1983 bis 1985.
Die Klägerin war der Ansicht, die Beteiligung habe unberücksichtigt zu bleiben, weil sie nach dem DBA Niederlande nicht der deutschen Vermögensteuer unterliege. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH gab jedoch der Klägerin Recht.
Entscheidung
Nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. c DBA Niederlande folgt das Recht der Besteuerung des einem gewerblichen Unternehmen dienenden Vermögens dem Recht der Besteuerung der Einkünfte aus diesem Vermögen. Das Recht der Besteuerung der laufenden Einkünfte aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist in Art. 13 DBA Niederlande so geregelt, dass beide Staaten ein Besteuerungsrecht haben, wobei das Recht des Quellenstaats zur Besteuerung lediglich der Höhe nach begrenzt ist. Für Schachtelbeteiligungen von mindestens 25 % gilt eine besonders niedrige Grenze.
Die Folgerungen, die sich für die Bundesrepublik bei hier gehaltenen Beteiligungen daraus ergeben, dass neben dem deutschen Besteuerungsrecht auch die Niederlande ein Recht zur (Quellen-)Besteuerung haben, werden in Art. 20 Abs. 2 DBA Niederlande gezogen. Die Vorschrift enthält in den Sätzen 1 und 3 für Schachtelbeteiligungen von mindestens 25 % eine komplizierte Regel – Ausnahme – Regel – Anordnung, wonach für Schachtelbeteiligungen als Ausnahme von der Ausnahme wieder die Regel des Satzes 1 gilt, dass die Bundesrepublik die Vermögensteile von der Besteuerung ausnimmt, für die auch die Niederlande ein Besteuerungsrecht haben.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft insofern ausgelaufenes Recht, als Einheitswerte des Betriebsvermögens für Vermögensteuerzwecke letztmalig zum 1.1.1996 und für Zwecke der Gewerbekapitalsteuer letztmalig zum 1.1.1997 festzustellen waren. Auch bis zu diesen Stichtagen kommt ihr nur Bedeutung zu, sofern nicht schon die Schachtelvergünstigung des § 102 Abs. 2 BewG eingreift, für die bereits eine Beteiligung von mindestens 10 % ausreicht.
Das Schachtelprivileg nach dem DBA Niederlande besteht ungeachtet dessen, dass die Niederlande von ihrem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch gemacht haben.
Das Schachtelprivileg führt allerdings dazu, dass mit der Beteiligung wirtschaftlich zusammenhängende Schulden bis zur Höhe des Werts der Beteiligung nicht abziehbar sind. Lediglich ein etwaiger Schuldenüberhang kann abgezogen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.6.2002, II R 4/00