Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Vermag ein Steuerpflichtiger über seine Angaben keine ausreichenden Erklärungen zu geben oder verweigert er die Auskunft bzw. verletzt er seine Mitwirkungspflichten, ist die Finanzbehörde nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO gehalten, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen.
Sachverhalt
Der Antragsteller betreibt ein Taxiunternehmen und ermittelt den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Wegen Mängel in der Kassenbuchführung und weiterer Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Buchführung schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen.
Die gegen die auf der Grundlage der Schätzung ergangenen Steuerbescheide eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Gleichzeitig lehnte es den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Dabei folgte das Finanzamt dem Einwand des Antragstellers, dass er die angesetzten Mehr-Umsätze mit dem vorhandenen Fahrerpotenzial nicht habe erzielen können, weshalb zusätzliche Lohnaufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien, nicht.
Entscheidung
Das FG hat dem gerichtlichen Aussetzungsantrag nach § 69 Abs. 3 FGO teilweise entsprochen. Es führt aus, dass das Finanzamt zwar dem Grunde nach befugt gewesen sei, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, weil der Antragsteller seinen Aufzeichnungspflichten nicht in dem gebotenen Maße nachgekommen sei. Allerdings sei die Höhe der geschätzten Besteuerungsgrundlagen ernstlich zweifelhaft.
Nach summarischer Prüfung seien die vom Finanzamt geschätzten Umsätze nicht zu beanstanden. Allerdings habe das Finanzamt zu Unrecht weitere mit den Mehreinnahmen notwendig im Zusammenhang stehende Betriebsausgaben in Gestalt von Lohnaufwendungen nicht berücksichtigt. Es erscheine ausgeschlossen, dass eine Erhöhung der Betriebseinnahmen um mehr als 100 % mit derselben Arbeitskraft zu leisten war, die der Antragsteller bisher seiner Gewinnermittlung zugrunde gelegt hat.
Hinweis
Im Hauptsacheverfahren wird der Antragsteller die Zahlungsempfänger für die Lohnzahlungen benennen müssen, um endgültig zusätzliche Betriebsausgaben abziehen zu können. Betriebsausgaben sind nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO allerdings regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen des Finanzamts oder des FG nicht nachkommt, die Empfänger zu benennen. Zweck der Vorschrift des § 160 AO ist es nämlich, mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass der Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben die Einnahmen bei sich nicht erfasst.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Beschluss vom 31.08.2011, 6 V 25/11