Rz. 14
§ 123 bildet die Eingangsnorm des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe (neu) und enthält die allgemeinen Grundsätze für die Erbringung von Leistungen durch externe Leistungserbringer. Neben der bereits im Vertragsrecht der Sozialhilfe begründeten allgemeinen Grundsätze wurde § 123 um weitere neue allgemeine Grundsätze ergänzt, die bei der Erbringung von Leistungen nach diesem Gesetz zu beachten sind.
Neu sind die nähere Bestimmung des Begriffs der Geeignetheit eines Leistungserbringers sowie die Klarstellung zur Wirtschaftlichkeit tariflich vereinbarter Vergütungen. Aufgrund der Aufgabe der Bedeutung des Leistungsortes für die Erbringung von Fachleistungen der Eingliederungshilfe (personenzentrierter Ansatz) ersetzt der Begriff "Leistungserbringer" die bisherige Unterscheidung zwischen (teilstationären und stationären) Einrichtungen und (ambulanten) Diensten.
Abs. 1 Satz 1 überträgt im Wesentlichen inhaltsgleich die bisherige Regelung des § 75 Abs. 3 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019 (Vereinbarungsvorbehalt) über Leistung und Vergütung auf das Vertragsrechts der Eingliederungshilfe (neu). Die nach bisherigem Vertragsrecht der Sozialhilfe zusätzlich abzuschließende Prüfungsvereinbarung wird zugunsten eines gesetzlichen Prüfungsrechts des Trägers der Eingliederungshilfe gemäß § 128 SGB IX gestrichen. Satz 2 übernimmt inhaltsgleich die bisherige Regelung des § 75 Abs. 3 Satz 1 HS 2 SGB XII, d. h. die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden.
Da der bisher gängige Begriff (aus dem Recht der Hilfe zur Pflege) "Pflegesatzvereinbarung" als Oberbegriff für Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung (vgl. Freudenberg, in: Jung, SGB XII, § 75 Rz. 26) für das Vertragsrecht der Eingliederungshilfe nicht mehr passt, wird im Folgenden für die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung insgesamt der Begriff "Vereinbarungen" verwendet. Dieser ist nicht mit der auf individueller Ebene zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungsberechtigten abzuschließenden Teilhabezielvereinbarung (§ 122) zu verwechseln.
Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass die mit einem Träger der Eingliederungshilfe geschlossene Vereinbarung für alle übrigen Träger der Eingliederungshilfe entsprechend der bisherigen Regelung im Sozialhilferecht (§ 77 Abs. 1 Satz 2 HS 2 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019) bindend ist. Satz 2 legt fest, dass die Vereinbarung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit beachten muss. Mit Satz 3 wird klargestellt, dass die Vereinbarung entsprechend dem bisher geltenden Recht der Sozialhilfe nur für künftige Zeiträume abgeschlossen werden darf (prospektive Vergütungsvereinbarung). Mit der neu in Satz 4 normierten Pflicht, die Ergebnisse der Vereinbarungen den Leistungsberechtigten zugänglich zu machen, wird die Position der Leistungsberechtigten, ausdrücklich hervorgehoben und gestärkt (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 298).
Abs. 3 stellt klar, dass private und öffentliche Arbeitgeber im Falle der Leistung des Budgets für Arbeit (§ 61 SGB IX) keine Leistungserbringer i. S. d. Vertragsrechts der Eingliederungshilfe sind.
Abs. 4 entspricht dem bisherigen § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019, wonach in die Vereinbarung die Verpflichtung aufzunehmen ist, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebots den Leistungsberechtigten aufzunehmen und zu betreuen und legt diese Pflicht erstmals bereits gesetzlich fest. Satz 2 stellt klar, dass die Verpflichtung zur Leistungserbringung auch in den Fällen des § 116 Abs. 2 gilt, in denen Leistungen der Eingliederungshilfe von mehreren Leistungsberechtigten gemeinsam in Anspruch genommen werden.
Abs. 5 entspricht Regelung aus dem Vertragsrecht der Sozialhilfe (§ 75 Abs. 4 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019), wonach in spezifizierten Einzelfällen in Abweichung des Vereinbarungsvorbehalts (Abs. 1 Satz 1) gleichwohl Leistungen auch durch einen Leistungserbringer, mit dem keine schriftliche Vereinbarung geschlossen wurde, erbracht werden können. Die Grundsätze des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe sind zu beachten.
Abs. 6, dessen Regelungsgehalt erstmals gesetzlich geregelt wird, eröffnet dem Leistungserbringer einen öffentlich-rechtlichen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Träger der Eingliederungshilfe, der regelmäßig im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis systemimmanent ausgeschlossen ist. Der Gesetzgeber greift insofern die Rechtsprechung des BSG zu einem Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Träger der Sozialhilfe auf – "Schuldbeitritt" (BSG, Urteil v. 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rz. 25 f., BSGE 102 S. 1) und regelt diesen nunmehr eigenständig.