Rz. 1
Die Vorschrift trat mit ihrem heutigen Inhalt aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft. Eine Vorgängervorschrift mit ähnlichem Inhalt gab es nicht. § 15 hatte vor dem 1.1.2018 einen vollkommen anderen Inhalt (Erstattung selbst beschaffter Leistungen – heute in § 18 geregelt).
Rz. 2
Der Gesetzgeber begründet die Einführung des § 15 laut BT-Drs. 18/9522 S. 236 f. wie folgt:
Zitat
Schon nach bisheriger Rechtslage war der erst- oder der zweitangegangene Rehabilitationsträger nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen für die umfassende Bedarfsfeststellung und Leistungserbringung zuständig und hatte alle Leistungen zur Teilhabe "wie aus einer Hand" zu erbringen. Die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat hierzu das Prinzip der "aufgedrängten Zuständigkeit" entwickelt, welches unter Beachtung des Gebots der Aufgaben- und Verantwortungsklarheit eine schnelle und im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten konfliktfreie Leistungsgewährung in den Fällen der Trägermehrheit ermöglicht (z. B. BSG, v. 11.5.2011, B 5 R 54/10 R; BSG, v. 3.2.2015, B 13 R 261/14 B). Die Leistungsverantwortung erstreckt sich daher im Außenverhältnis zu den Leistungsberechtigten auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation überhaupt in Betracht kommen (LSG Baden-Württemberg, v. 24.4.2015, L 8 AL 2430/12). An dieser Systematik hält § 15 grundsätzlich fest. § 15 geht den Regelungen über Beauftragungen zwischen Sozialleistungsträgern nach den §§ 88 ff. SGB X vor, da der leistende Rehabilitationsträger im Vergleich zum vertraglich oder gesetzlich beauftragten Sozialleistungsträger weitergehende Rechte und Pflichten wahrnimmt.
Absatz 1 erfasst alle Anträge auf Leistungen, bei denen ein nach § 14 leistender Rehabilitationsträger neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen zusätzlich Ansprüche auf weitere Leistungen zu prüfen hätte, für die er jedoch nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 sein kann. In diesen Fällen wird der zuständige Rehabilitationsträger in seiner originären Trägerverantwortung durch eine teilweise Antragsweiterleitung auch für die Entscheidung über den Antrag zuständig, die innerhalb der mit Antragseingang bei dem nach § 14 leistenden Rehabilitationsträger in Gang gesetzten Frist nach Abs. 4 erfolgen muss. Hiermit wird der einzige zulässige Fall einer Antragssplittung im Rehabilitationsrecht geregelt.
In den Fällen der Beteiligung eines Rehabilitationsträgers nach Abs. 1 bleibt dennoch die Koordinierungsverantwortung für die rechtzeitige Entscheidung über den gesamten Antrag bei dem nach § 14 leistenden Rehabilitationsträger, der nach § 19 das Teilhabeplanverfahren durchzuführen hat. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Entscheidungsfrist Leistungen nach § 18 selbst beschaffen und die Erstattung der Aufwendungen von dem nach § 14 leistenden Rehabilitationsträger verlangen. Der nach § 14 leistende Rehabilitationsträger hat sich dann nach § 16 Abs. 5 im Innenverhältnis zu dem beteiligten Rehabilitationsträger schadlos zu halten. Aus diesem Grund ist der nach § 14 leistende Rehabilitationsträger gehalten, die Weiterleitung des Antrags in Bezug auf die weiteren Leistungen nur in sachlich begründeten Fällen zu betreiben, die eine rechtzeitige Bearbeitung durch den beteiligten Träger auch tatsächlich erwarten lassen.
Nach Absatz 2 bleibt – anders als nach Abs. 1 – bei allen anderen Konstellationen der Trägermehrheit nicht nur die Koordinierungsverantwortung, sondern im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten auch die Leistungsverantwortung für Leistungen zur Teilhabe bei dem nach § 14 leistenden Rehabilitationsträger. Dies betrifft alle Leistungsanträge, für die der leistende Rehabilitationsträger teilweise zwar nicht nach seinem Leistungsgesetz zuständig ist, jedoch grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 Rehabilitationsträger für diese Leistungsgruppe sein könnte. Mit der Beteiligung nach Abs. 2 wird unter Beachtung des Gebots der Aufgaben- und Verantwortungsklarheit das bereits vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung entwickelte Prinzip "aufgedrängter Zuständigkeit" im Außenverhältnis zum Antragssteller verankert. Sofern die beteiligten Rehabilitationsträger nach ihrem Leistungsgesetz zuständig sind, können sie den nach § 14 leistenden Rehabilitationsträger an ihre Feststellungen binden. Die Bindungswirkung betrifft alle Feststellungen zur Anwendung der Leistungsgesetze, die für den beteiligten Rehabilitationsträger maßgeblich sind. Die Wirksamkeit der Entscheidung des nach § 14 leistenden Rehabilitationsträgers bleibt von der Bindungswirkung unberührt. Innerhalb der im gegliederten System der Rehabilitationsleistungen bestehenden Zuständigkeiten klären die Träger untereinander nach § 16 die Kostenerstattung, deren Umfang sich nach den Feststellungen der beteiligten Rehabilitationsträg...