2.1 Adressatenkreis (Personensorgeberechtigte)
Rz. 3
Nach § 33 sind verpflichtet:
denen die familienrechtliche Personensorge für Dritte übertragen worden ist.
2.2 Pflichten der Personensorgeberechtigten
Rz. 4
Die (Soll-)Vorschrift verpflichtet Personensorgeberechtigte, die ihnen anvertrauten Menschen einer Beratungsstelle nach § 32, einer Beratungsstelle der Rehabilitationsträger oder einem Arzt vorzustellen, wenn sie Behinderungen wahrnehmen oder hierauf z. B. durch Ärzte, medizinisches Personal, Lehrer oder von anderen nach § 34 genannten Personen hingewiesen werden. Diese Pflicht besteht aber nur, soweit sie sachangemessen ist. Da die zwingende rechtliche Verpflichtung in vielen Fällen nicht sachgerecht sein dürfte und insbesondere bei älteren Menschen, die sich bereits in einem Pflegeheim aufhalten, i. d. R. kein Bedürfnis besteht, sie einer Beratungsstelle oder einem Arzt vorzustellen, ist die sich der Soll-Verpflichtung ergebende Vorstellungspflicht gerade in diesen Fällen zu verneinen (BT-Drs. 14/5074 S. 11). Sobald jedoch der Sorgerechtsverpflichtete die (drohende) Behinderung selbst wahrgenommen hat, entsteht aus dem Betreuungsverhältnis eine Konsultationspflicht. Die Anforderungen an die Personensorgeberechtigten, eine Teilhabebeeinträchtigung nach § 2 Abs. 1 zu erkennen bzw. wahrzunehmen, ist in Hinblick auf die Personengruppe nach § 34 (z. B. Ärzte, medizinisches Personal) gering anzusetzen. Auch wird nicht erwartet, dass jedem Verdacht einer möglichen Behinderung nachgegangen wird und dadurch eine Überforderung für den Sorgerechtsverpflichteten oder gar gesundheitliche Schäden durch ärztliche Untersuchungen bei dem Betreuten drohen.
Rz. 5
Im Hinblick auf die o. g. erhöhten Anforderungen an die Personensorgeberechtigten, die regelmäßig medizinische Laien sind, ist die Pflicht der Eltern und Vormünder zur Vorstellung im Rahmen einer Soll-Vorschrift entschärft worden. Auch wenn das Gesetz keine Frist zur Vorstellung vorsieht, so sollte diese unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen, damit die Norm ihren Zweck erfüllen kann.
Einer gesetzlichen Regelung hinsichtlich einer Frist bedarf es nicht, da sich die Verpflichtung der Personensorgeberechtigten zum Handeln unmittelbar aus dem Personensorgerecht ergibt. Folgerichtig stellt § 33 auf den Erziehungs- oder Betreuungsauftrag der Personensorgeberechtigten ab, bei dessen Wahrnehmung den Personensorgeberechtigten ein Entscheidungsspielraum durch die Soll-Verpflichtung verbleibt.
2.3 Behinderungsbegriff
Rz. 6
Die Legaldefinition von "Menschen mit Behinderung" findet sich in § 2 Abs. 1. Diese wurde durch das BTHG nach dem Verständnis der UN-BRK neu gefasst. Danach zählen zu den Menschen mit Behinderung diejenigen, die langfristig körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkungen mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe in der Gesellschaft hindern. Präzisiert wurde der Begriff dahingehend, dass neben den Beeinträchtigungen am Menschen, die Verknüpfung zur gesellschaftlichen Teilhabe und möglichen Beeinträchtigungen gezogen wurde.
2.4 Beratungsstelle nach § 32 oder sonstige Beratungsstellen für Rehabilitation
Rz. 7
Die Vorstellung des behinderten Menschen kann von dem Personensorgeberechtigten wahlweise bei einer Beratungsstelle nach § 32, einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation oder einem Arzt vorgenommen werden. Ziel der Vorstellung ist die Inanspruchnahme einer Beratung über die geeigneten Leistungen zur Rehabilitation. Das Beratungs-und Unterstützungsangebot besteht dann nicht nur gegenüber den behinderten oder von einer Behinderung bedrohten Menschen selbst, sondern auch gegenüber deren Personensorgeberechtigten. Da für die Personensorgeberechtigten keine Pflicht zur Inanspruchnahme der Beratungsstellen besteht, steht es ihnen frei, sich auch unmittelbar an die aus ihrer Sicht zuständigen Rehabilitationsträger zu wenden.
Rz. 8
Sonstige Beratungsstellen für Rehabilitationsind alle von Rehabilitationsträgern nach § 12 Abs. 1 Satz 3 eingerichteten Organisationsstrukturen. Die aus § 14 SGB I bestehende allgemeine Beratungspflicht der Rehabilitationsträger bleibt davon unberührt. Sonstige Beratungsstellen können nach § 32 Abs. 1 Satz 1 sowohl von den Leistungsträgern als auch von den Leistungserbringern initiiert werden.
Rz. 9
Auch wenn das Gesundheitsamt nicht als Beratungsorgan in § 33 genannt ist, wird es dennoch bei Vorstellung eines Menschen mit einer Behinderung beratend tätig werden müssen. Dies folgt aus seiner umfassenden Beratungspflicht. Dieser Pflicht korrespondiert ein Anspruch des Personensorgeberechtigten auf Beratung durch das Gesundheitsamt. Das in § 33 geregelte Wahlrecht erstreckt sich damit auch auf die Gesundheitsämter.