2.1 Ziel der Leistungen (Satz 1)
Rz. 3
Satz 1 beschreibt das Ziel der Leistungen nach § 81. Danach werden Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Hilfen müssen erforderlich und geeignet sein (Luthe, in: jurisPK-SGB IX, § 55 Rz. 32). Unter dem Begriff "Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten" sind all diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu verstehen, die ein Leben ohne fremde Hilfe ermöglichen. Hierzu gehören das An- und Ausziehen, die Körperhygiene, das Zubereiten von Mahlzeiten, hauswirtschaftliche Tätigkeiten oder einfache manuelle Tätigkeiten.
2.2 Arten der Leistungen (Satz 2)
Rz. 4
Nach Satz 2 sind die Leistungen insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilnahme am Berufsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe im Verkehr zu bewegen. Der in Satz 2 genannte Katalog möglicher Maßnahmeziele ist nicht abschließend ("insbesondere").
Rz. 5
Die Leistungen werden in aller Regel in Gruppenunterrichtung bzw. -unterweisung durchgeführt. Unter die Vorschrift fallen hauswirtschaftliche Lehrgänge und Mobilitätslehrgänge. Zu den Leistungen gehören auch Leistungen in Tagesförderstätten, um für nicht werkstattfähige Leistungsberechtigte eine erreichbare Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.4.2010, L 23 SO 277/08; BR-Drs. 428/16). Auch Angebote in Tageseinrichtungen und Wohnstätten zählen zu den Leistungen nach § 81 (vgl. Luthe, in: jurisPK-SGB IX, § 55 Rz. 32 zu § 55 SGB IX a. F.). Einzelunterricht ist von Wortlaut der Vorschrift ("in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen ...") wohl nur in Ausnahmefällen gedeckt, wenn anderenfalls eine lebenspraktische Befähigung des schwerbehinderten Menschen nicht gewährleistet werden kann.
2.3 Blindentechnische Grundausbildung (Satz 3)
Rz. 6
Nach Satz 3 umfassen die Leistungen – wie bisher in § 55 Abs. 2 Nr. 3 a. F. bereits auch – die blindentechnische Grundausbildung. Der Begriff "blindentechnische Grundausbildung" ist nicht legaldefiniert. Die blindentechnische Grundausbildung ist eine berufsvorbereitende Maßnahme. Sie richtet sich an Personen, die plötzlich erblindet sind oder deren Sehvermögen sich gravierend verschlechtert hat. Die "blindentechnische Grundausbildung" vermittelt blindenspezifische Techniken, die helfen, sich in Schule, Ausbildung und Alltag selbständig und aktiv zurechtzufinden. In der blindentechnischen Grundausbildung lernen vornehmlich Jugendliche und junge Erwachsene die Punktschrift lesen und schreiben, Ordnungs- und Ablagesysteme zu handhaben, einen Computer zu bedienen und mit einem elektronischen Notizbuch zu arbeiten. Weitere Inhalte können das Orientierungs- und Mobilitätstraining sein. Zur blindentechnischen Grundausbildung gehört auch die Auseinandersetzung mit der Sehbehinderung und ihren Auswirkungen auf den Alltag. Eine Liste von Anbietern blindentechnischer Grundausbildung ist im Internet unter www.rehadat-bildung.de zu finden. Satz 3 ist mangels entsprechender Einschränkungen sowohl für Gruppenveranstaltungen als auch für Einzelkurse anwendbar, soweit keine Gruppenveranstaltung zumutbar erreichbar ist.