2.1 Hörbehinderte Menschen
Rz. 4
Die Regelung sieht einen anlassabhängigen Rechtsanspruch auf Hilfen zur Förderung der Verständigung vor. Indem das Gesetz lediglich von hörbehinderten Menschen spricht, gibt es keinen Anhalt mehr dafür, wie hoch der Grad der Hörbehinderung sein muss, um die Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf Hilfen zur Verständigung zu erfüllen. Es ist damit ganz allgemein auf den Behinderungsbegriff des § 2 Abs. 1 in Verbindung mit den sich aus den Leistungsgesetzen der zuständigen Rehabilitationsträger ergebenden Anspruchsvoraussetzungen abzustellen. Hörbehindert ist ein Mensch dann, wenn es sich um eine gehörlose, ertaubte oder schwerhörige Person handelt, § 6 Abs. 3 BGG (Kittel, SGB IX, § 57 Rz. 2; Luthe, in: jurisPK-SGB X, § 57 Rz. 14). Im Gegensatz zur Vorgängervorschrift knüpft § 82 nicht mehr daran an, dass die hörbehinderten Menschen "auf Grund ihrer Behinderung" der Hilfe bedürfen. Insofern ist es nicht mehr erforderlich, dass die benötigte Hilfe ihre Ursache in der Behinderung haben muss. Danach können nach der aktuellen Fassung auch allgemeine Begabungsschwächen oder behinderungsbedingte Kontaktschwierigkeit Hilfegrund sein (vgl. Luthe, in: jurisPK-SGB IX, § 57 Rz. 15 zum alten Recht).
2.2 Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit
Rz. 5
Unter die Vorschrift fallen auch Leistungsberechtigte mit Sprachbehinderungen. Im Gegensatz zum bisherigen 57 SGB IX a. F. ist nach aktuellem Recht kein besonders starke Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit mehr Voraussetzung für die Leistungsgewährung. Es ist daher nicht erforderlich, dass eine Sprachbehinderung derart vorliegt, dass der behinderte Mensch sich nicht so ausdrücken kann, dass er von anderen verstanden wird, auch wenn diese sich um ein Verständigen bemühen (zur alten Rechtslage vgl. Luthe, in: jurisPK-SGB X, § 57 Rz. 14). Die Sprachbehinderung kann sowohl die Wortfindung als auch das Artikulationsvermögen betreffen (Joussen, in: HK-SGB IX, § 57 Rz. 7).
2.3 Zur Verfügung gestellte Hilfen
Rz. 6
Bei den zur Verfügung gestellten Hilfen handelt es sich ausschließlich um persönliche Hilfen, nicht dagegen um technische Hilfen. Außer der Hilfe eines Gebärdensprachdolmetschers kommt z. B. die Hilfe eines Angehörigen, Nachbarn, Steuerberaters, Rechtsanwalts oder Notars in Betracht. Die Hilfen können entweder durch Sachleistungen oder durch Kostenerstattung erfolgen. Die im Einzelfall zu erstattenden Kosten bestimmen sch nach dem ortsüblichen oder tariflichen Entgelt, soweit eine beruflich tätige Personen in Anspruch genommen wird.
Rz. 7
Die Hilfe kann nur aus besonderem Anlass erfolgen, sie kann daher nicht fortlaufend zur Verfügung gestellt werden. Die Vorschrift umfasst also nicht die allgemeine Verständigungshilfe (so LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.7.2013, L 7 SO 4642/12 zur Vorgängervorschrift des § 57 SGB IX). Es muss sich also um einen Kommunikationsbedarf handeln, der das übliche Maß überschreitet (Joussen, in: HK-SGB IX, § 57 Rz. 6), also keine regelmäßig wiederkehrende Situation ist (Luthe, in: jurisPK-SGB IX, § 57 Rz. 15). In Betracht kommen neben dem Verkehr mit Behörden z. B. das Führen von Vertragsverhandlungen, der Besuch beim Arzt oder das Führen eines Rechtsstreits oder die Hochzeit eines Familienmitglieds (Kittel, SGB X, § 57 Rz. 9). Ein Hausgebärdensprachkurs fällt daher nicht unter § 82 (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.7.2013, L 7 SO 4642/12). Soweit hierfür keine vorrangigen Kostenträger nach § 17 SGB I und – in Ermangelung neuen Rechts – nach den Gerichtsverfahrensordnungen zuständig sind, ist § 82 als Auffangregelung anzuwenden.
Rz. 8
Nach Satz 2 umfassen die Leistungen insbesondere Hilfen durch Gebärdendolmetscher und andere geeignete Kommunikationsmittel. Einzelheiten zum Ersatz der Aufwendungen für Gebärdendolmetscher sind in der Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationsmittel im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Kommunikationshilfenverordnung – KHV) geregelt. Nach § 3 KHV kommen als Kommunikationshilfen Gebärdendolmetscher, Kommunikationshelfer, Kommunikationsmethoden sowie Kommunikationsmittel in Betracht. Kommunikationshelfer sind Schriftdolmetscher, Simultandolmetscher, Oraldolmetscher, Kommunikationsassistenten und sonstige Personen des Vertrauens des Berechtigten. Kommunikationsmethoden sind insbesondere Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung. Kommunikationsmittel sind insbesondere akustisch-technische Hilfen oder grafische Symbolsysteme.
2.4 Aufwendungserstattung
Rz. 9
Aufwendungen für selbstbeschaffte persönliche Hilfen werden nur erstattet, soweit sie angemessen sind. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Bei der Klärung der Frage, ob eine Aufwendung angemessen ist, ist auch zu prüfen, ob im Einzelfall die Einschaltung einer bestimmten, besonders qualifizierten Person notwendig war. Wird diese Frage bejaht, dürften die geforderten Kosten regelmäßig angemessen sein. Bei der Inanspruchnahme von Angehörigen...