2.1 Nachranggrundsatz (Abs. 1)
Rz. 3
Die Regelung übernimmt inhaltlich den Gedanken des § 2 Abs. 1 SGB XII. Anders als in § 2 Abs. 1 SGB XII, wonach Leistungen u. a. nicht erhält, wer sich durch Einsatz seines Einkommens selbst helfen kann, ist mit der Einordnung der Eingliederungshilfe in das SGB IX nicht das Einkommen einzusetzen, sondern – abhängig von der Höhe des Einkommens – unter Umständen nach Maßgabe des Kapitels 9 ein Beitrag zu den Leistungen zu erbringen.
In Konkretisierung des Nachranggrundsatzes können Leistungen nicht gewährt werden, wenn die leistungsberechtigte Person die erforderliche Leistung von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
2.2 Verpflichtungen anderer Stellen (Abs. 2)
Rz. 4
Die Sätze 1 und 2 übertragen inhaltsgleich die Regelung des § 2 Abs. 2 SGB XII. Satz 2 konkretisiert zusätzlich den Nachrang der Leistungen der Eingliederungshilfe in Bezug auf die gesetzlichen Verpflichtungen der vorrangigen Sozialleistungsträger. Die Konkretisierung in Bezug auf andere Stellen trägt Art. 4 Abs. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung, wonach alle staatlichen Ebenen gefordert sind, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte der Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten und zu fördern.
Neben den aufgezählten Konkretisierungen kommen aber auch Verpflichtungen anderer in Betracht, beispielsweise Versicherungsleistungen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen.
2.3 Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflegeversicherung (Abs. 3)
Rz. 5
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf BT-Drs. 18/9522 sah vor, das Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Elften Buch sowie Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder dem Bundesversorgungsgesetz in einem Abs. 3 zu regeln. Ziel der Neuregelung sollte es sein, eine möglichst klare Abgrenzung zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und den Leistungen der Pflege zu treffen, um damit die Handhabung der Vorschrift für die Praxis zu erleichtern und ihren Inhalt für die Betroffenen besser verständlich darzustellen.
Der Gesetzentwurf sah Schnittstellen zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und den Leistungen der Pflege vor allem bei den pflegerischen Betreuungsmaßnahmen im häuslichen Umfeld vor. Daher sollte geregelt werden, dass die Leistungen der Pflege gegenüber den Leistungen der Eingliederungshilfe im häuslichen Umfeld i. S. v. § 36 SGB XI grundsätzlich vorrangig seien, es sei denn, bei der Leistungserbringung stehe die Erfüllung der Aufgaben der Eingliederungshilfe im Vordergrund.
Rz. 6
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, die Schnittstelle zwischen Pflege und Eingliederungshilfe nicht zu regeln und Abs. 3 neu zu fassen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, zu Art. 1 Buchst. q, BT-Drs. 18/10523). Danach bestimme sich das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 13 Abs. 3 SGB XI.
Zur Begründung wurde ausgeführt, Eingliederungshilfe und Pflege hätten auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs (durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S 2424, in Kraft ab 1.1.2017) grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei die Förderung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Aufgabe der Pflege sei die Kompensation von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten. Die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Leistungen der Pflege seien grundsätzlich verschieden und stünden gleichrangig zueinander. Da die Regelungen zum Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe in § 13 SGB XI getroffen seien, sei in Abs. 3 nunmehr auf diese Vorschrift zu verweisen.
Verwiesen wird auf § 13 Abs. 3 i. d. F. des Dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191, in Kraft seit 1.1.2017), mit dem auch Abs. 4 neu gefasst worden war. Mit dieser Regelung wird das Verhältnis von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen klarer beschrieben. § 13 Abs. 4 SGB XI bestimmt, dass bei Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe (unabhängig von der Frage, ob die Leistungen gleichartig sind oder nicht), die zuständigen Leistungsträger mit Zustimmung des Pflegebedürftigen zu vereinbaren haben, dass im Verhältnis zu Pflegebedürftigen der zuständige Träger der Eingliederungshilfe die Leistungen der Pflegeversicherung zu übernehmen hat, die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu erstatten hat.