2.1 Verpflichtung der Arbeitgeber
Rz. 3
Abs. 1 verpflichtet den Arbeitgeber, bei erkennbaren personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits-, Dienst- und Ausbildungsverhältnis, die zur Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führen können, die Schwierigkeiten und alle in Betracht kommenden inner- und außerbetrieblichen Möglichkeiten zu ihrer Beseitigung mit den innerbetrieblichen Funktionsträgern und dem Integrationsamt zu erörtern. Ziel der Einschaltung der innerbetrieblichen Funktionsträger, also der betrieblichen Interessenvertretungen und der Schwerbehindertenvertretung ist es, zunächst alle innerbetrieblichen Möglichkeiten zur Beseitigung der Schwierigkeiten zu nutzen. Hierzu kommen etwa Umsetzungen oder Versetzungen auf einen anderen Arbeitsplatz, innerbetriebliche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 49 Abs. 3) in Betracht. Können die Schwierigkeiten innerbetrieblich nicht beseitigt werden, ist das Integrationsamt zu beteiligen, damit dieses im Rahmen seiner Aufgaben der begleitenden Hilfe nach § 185 die Möglichkeiten hat, dem Arbeitgeber alle ihm zur Verfügung stehenden Hilfen (Beratung, technische Hilfen, finanzielle Leistungen) anzubieten. Es kommen aber nicht nur Leistungen und Hilfen an den Arbeitgeber in Frage, sondern auch Hilfen für den beschäftigten schwerbehinderten Menschen, so etwa bei personen- und verhaltensbedingten Schwierigkeiten für eine notwendige psychosoziale Betreuung.
Rz. 4
Ziel der Maßnahmen der Prävention ist die möglichst dauerhafte Fortsetzung des Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses. Deshalb hat der Arbeitgeber alle Möglichkeiten zu nutzen. Dies ist auch im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens zu bewerten. Wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz Nutzung aller Möglichkeiten für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, wird sich die Verfahrensdauer eines eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens bis zur Entscheidung des Integrationsamtes gegenüber der Monatsfrist des § 171 Abs. 1 erheblich verkürzen. Das Integrationsamt wird einer Kündigung in der Regel zustimmen müssen.
2.2 Betriebliches Eingliederungsmanagement
Rz. 5
Abs. 2 ist durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen neu gefasst worden, um ein betriebliches Eingliederungsmanagement bei gesundheitlichen Störungen sicherzustellen. Beabsichtigt ist eine frühzeitige Intervention im Sinne von Rehabilitation statt Entlassung beim Auftreten gesundheitlicher Störungen. Ziel ist es, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und soweit erforderlich zu verbessern und Schwierigkeiten bei der Beschäftigung möglichst nicht entstehen zu lassen, sie jedenfalls möglichst frühzeitig zu beheben, damit der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Maßnahmen sind ausdrücklich nicht beschränkt auf behinderte oder schwerbehinderte Beschäftigte, sie sollen alle Beschäftigten einschließen. Konkret ist geregelt, dass der Arbeitgeber in allen Fällen bei einer länger als 6 Wochen andauernden oder bei wiederholter Erkrankung des Beschäftigten zur Kontaktaufnahme mit der betrieblichen Interessenvertretung ("Interessenvertretung nach § 176") und bei schwerbehinderten Menschen der Schwerbehindertenvertretung und zur Klärung der Möglichkeiten zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit, zur Vorbeugung vor erneuter Arbeitsunfähigkeit und zur Erhaltung des Arbeitsplatzes verpflichtet ist.
Mit Art. 7 des Teilhabestärkungsgesetzes v. 2.6.2021 (BGBl. I S. 1387) ist mit Wirkung zum 10.6.2021 (am Tage nach Verkündung des Gesetzes) nach Satz 1 der Satz eingefügt worden, dass Beschäftigte zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen können. Die Vorschrift ist im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 19/28834). Der Gesetzgeber hat die Auffassung vertreten, dass die Teilnahme einer Vertrauensperson aufseiten der Betroffenen erheblich zum Erfolg des Verfahrens zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) beitragen könne. Insbesondere auch in Betrieben ohne Interessenvertretung solle den Beschäftigten die Möglichkeit nach einer weiteren Unterstützung im BEM eingeräumt werden. Den Beschäftigten steht es nach dem Wortlaut der Formulierung der Vertrauensperson ohne Bezug auf einen bestimmten Personenkreis frei, selbst zu wählen, wer als Vertrauensperson am BEM-Verfahren teilnehmen soll. Dabei kann es sich um ein Mitglied der Interessenvertretung, eine Person aus dem Betrieb oder um eine Person außerhalb des Betriebes handeln. Die Entscheidung, ob und ggf. wer hinzugezogen wird, liegt allein bei dem BEM-Berechtigten. Über die Möglichkeit, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen, informieren die Arbeitgeber die Beschäftigten.
Der Arbeitgeber, die betriebliche Interessenvertretung einschließlich der Schwerbehindertenvertretung und der Werks- oder Betriebsarzt klären dies zusammen mit dem Betroffenen. In der bis zum 31.12.2017 geltenden Vorschrift des § 84 war es außerdem Aufgabe des Arbeitgebers, die nach § 23 in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung e...