Rz. 11e
Die wöchentliche Arbeitszeit in den Werkstätten für behinderte Menschen beträgt wenigstens 35 und höchstens 40 Stunden wöchentlich. Dies ist in § 6 Abs. 1 der Werkstättenverordnung als fachliche Anforderung an die Werkstätten für behinderte Menschen formuliert. Die Werkstätten haben dies nach der Formulierung der Vorschrift sicherzustellen. Diese Anforderung gilt sowohl für die Maßnahmen der beruflichen Bildung im Berufsbildungsbereich (§ 57) als auch für die Beschäftigung im Arbeitsbereich (§ 58).
Absatz 2 des § 6 WVO bestimmt, dass einzelnen behinderten Menschen eine kürzere Beschäftigungszeit zu ermöglichen ist und nennt hierfür zwei Fälle: wenn es wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Erfüllung des Erziehungsauftrages notwendig erscheint. Ein Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung kann aber nicht allein auf diese zwei Gründe beschränkt werden. Auch in den Werkstätten kann eine Teilzeitbeschäftigung auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gestützt werden. Dies ergibt sich aus der Rechtsstellung der Werkstattbeschäftigten; auf deren arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis sind arbeitsrechtliche Grundsätze und Vorschriften über Arbeitszeit anzuwenden. Nach § 8 TzBfG kann ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.
Im Allgemeinen wird eine Teilzeitbeschäftigung in der Beschäftigung im Arbeitsbereich eine Rolle spielen. Da die Vorschrift des § 6 Abs. 1 WVO aber auch den Berufsbildungsbereich nennt, können die in Absatz 2 genannten Gründe auch im Berufsbildungsbereich für einen Anspruch auf eine Maßnahme der beruflichen Bildung eingefordert werden. Hier muss aber eingehend geprüft werden, ob die Maßnahme der beruflichen Bildung auch bei einer Teilnahme in Teilzeit in der festgelegten Zeit von 24 Monaten durchgeführt, das Maßnahmeziel erreicht werden kann.
In der Praxis stellt sich die Frage, wie das Arbeitsentgelt bei einer Teilzeitbeschäftigung zu bemessen sei. Hier wird die Auffassung vertreten, dass in den Fällen, in denen eine Teilzeitbeschäftigung aus anderen als den in § 6 Abs. 2 WVO abschließend genannten Gründen ausgeübt werde, neben dem leistungsbezogenen Steigerungsbetrag auch der Grundbetrag des Arbeitsentgeltes sowie ebenfalls das von dem Kostenträger erbrachte Arbeitsförderungsgeld entsprechend der reduzierten Beschäftigungszeit zu verringern sei. Lediglich in den Fällen, in denen eine Teilzeitbeschäftigung aus den in § 6 Absatz 2 genannten Gründen ausgeübt werde, seien der Grundbetrag sowie das Arbeitsförderungsgeld in unverminderter Höhe zu zahlen.
Dieser Auffassung wird nicht beigetreten. Unstreitig ist, dass bei einer Teilzeitbeschäftigung der leistungsbezogene Steigerungsbetrag in verminderter Höhe gezahlt werden kann. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass der Mensch mit Behinderung bei einer Teilzeitbeschäftigung quantitativ die gleiche Arbeitsleistung und Arbeitsmenge erbringt, die er zuvor in einer Vollzeitbeschäftigung erbracht hat. Für eine Minderung des leistungsunabhängigen Grundbetrages und auch des Arbeitsförderungsgeldes gibt es keine Rechtsgrundlage. Der Grundbetrag ist ein leistungsunabhängiger Teil des Arbeitsentgeltes, der in der Höhe nach dem Ausbildungsgeld zu bemessen ist, das die Bundesagentur für Arbeit während der Leistungen im Berufsbildungsbereich zuletzt gezahlt hat (auch Cramer, Werkstätten für behinderte Menschen, Kommentar, 5. Aufl., München 2009).
Eine Verringerung des Arbeitsentgeltes (Steigerungsbetrag) hat keine Auswirkung auf die Beitragsbemessung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beiträge werden auf der Grundlage eines Arbeitsentgeltes in Höhe von 80 % der monatlichen Bezugsgröße in der Sozialversicherung (§ 18 SGB IV) bemessen und nicht nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt. Für eine Verringerung der Bemessungsgrundlage bei einer Teilzeitbeschäftigung besteht keine Rechtsgrundlage. Ein Werkstattbeschäftigter in Teilzeitbeschäftigung erwirbt anders als Beschäftigte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die gleichen Rentenansprüche in der Höhe wie vollzeitbeschäftigte Werkstattbeschäftigte.