2.2.2.1 Überblick
Rz. 14
Der Gesetzgeber geht bei der Sicherstellung einer ausreichenden Versorgungsstruktur im Bereich der Teilhabe andere Wege als bei der Versorgung von Krankenhäusern oder den Pflegeeinrichtungen. Während bei den Krankenhäusern und den Pflegeeinrichtungen den Bundesländern die Planung der Versorgungslandschaft obliegt (§ 108 SGB V, § 9 SGB XI), wird die Verantwortung für eine ausreichende Infrastruktur mit Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen auf die Rehabilitationsträger übertragen, die allerdings bei der Planung die Bundesregierung und die Landesregierungen beteiligen müssen. Dadurch wird deutlich, dass sich der Planungsraum zum Teil auf das ganze Bundesgebiet erstrecken kann (insbesondere bei Rehabilitationsleistungen wegen seltener Indikationen oder bei sehr spezialisierten Einrichtungen). Die Beteiligung ist nicht mit den Wörtern Mitbestimmung, Einverständnis oder Einvernehmen gleichzusetzen. Der Bundesregierung und den Bundesländern obliegt dem Grunde nach nur der Weg über die Rechtsaufsicht, wenn aus deren Sicht die Rehabilitationsträger eine ausreichende Versorgung mit Einrichtungen und Diensten im Rahmen der Teilhabeleistungen nicht sicherstellen.
Die Rehabilitationsdienste und -einrichtungen werden bei der Beauftragung zur Versorgung des Rehabilitationsbedürftigen als Erfüllungsgehilfen der Rehabilitationsträger tätig. Deshalb haben die Rehabilitationsträger auch die Verantwortung, dass es genügend geeignete, leistungsfähige und wirtschaftlich arbeitende Rehabilitations-/Teilhabedienste und -einrichtungen in der näheren und – bei seltenen oder speziellen Teilhabeleistungen – auch in der weiteren Region gibt (vgl. auch Rz. 11). Ist eine Versorgung des Betroffenen aufgrund der Besonderheit/Spezialisierung der Teilhabeleistung nur in einer vom Wohnort/Aufenthaltsort weit entfernt liegenden Region möglich, hat der Rehabilitationsträger alle wegen der Entfernung entstehenden Kosten (z. B. für Fahrdienste bzw. Reisekosten nach § 73) zu übernehmen.
Seitens der Politik und des Bundesgesundheitsministeriums wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Umsetzung der im Jahr 2007 gesetzlich verankerten Rehabilitationsform der mobilen Rehabilitation nur zögerlich voranschreitet. Es würde eine Versorgungslücke bestehen. Anzustreben wäre ein flächendeckender Ausbau der mobilen Rehabilitation. Die Rehabilitationsträger nehmen diese Hinweise zum Anlass, zu prüfen, ob andere strukturelle und konzeptionelle Anforderungen an die Einrichtung als bisher zu stellen sind, damit ein flächendeckender Ausbau gefördert wird.
2.2.2.2 Ersatzansprüche des Rehabilitationsdienstes bzw. der -einrichtung und des Rehabilitanden
Rz. 15
Ein Verstoß gegen den Sicherstellungsauftrag liegt vor, wenn den Rehabilitanden die Versorgung mit Teilhabeleistungen trotz geeigneter, leistungsfähiger und wirtschaftlich arbeitender, regionaler Dienste/Einrichtungen vorenthalten wird; dieses wäre z. B. der Fall, wenn geeignete Leistungsanbieter (z. B. Leistungsanbieter der mobilen Rehabilitation oder der interdisziplinären Frühförderung i. S. d. § 30) zwar ihre Dienste anbieten, aber ihnen der Zugang zur Versorgung von Rehabilitanden über einen wesentlich längeren Zeitraum als für das "Zulassungs-/Anerkennungsverfahren" nötig verwehrt bleibt. In diesen Fällen hätten aber dann der Dienstleistungsanbieter bzw. die Rehabilitationseinrichtungen wegen der Amtspflichtverletzung einen Schadenersatzanspruch aufgrund des entgangenen Gewinns gegenüber den Rehabilitationsträgern (vgl. auch BGH, Urteil v. 24.6.2004, III ZR 215/03, sowie BSG, Urteil v. 23.7.2002, B 3 KR 63/01 R; vgl. auch BSG, Beschluss v. 30.11.2000, B 3 KR 20/99 R, SozR 3-1930 § 8 Nr. 4).
Anzumerken ist, dass mit dieser "Anerkennung/Zulassung" nicht auch zugleich eine "Belegungsgarantie" gegeben wird (kein Schadensersatzanspruch wegen der Rücknahme der Belegungszusage durch den Rehabilitationsträger; Sächs. LSG, Urteil v. 26.6.2012, L 5 R 680/07). Die Rehabilitationsträger entscheiden deshalb immer allein und eigenverantwortlich über Art, Umfang, Dauer Beginn und Durchführung der Rehabilitation – also auch den Ort der Teilhabeleistung (vgl. u. a. § 40 Abs. 3 SGB V, § 13 SGB VI, § 26 Abs. 6 SGB VII, § 13 SGB XII).
Rz. 16
Der Rehabilitand, der in einer von ihm gewählten, aber noch nicht am Versorgungssystem beteiligten Rehabilitationseinrichtung versorgt wird, hat gegenüber dem leistungspflichtigen Rehabilitationsträger selbst keinen Anspruch auf Kostenerstattung, da ihm regelmäßig entsprechende andere Rehabilitationseinrichtungen und -dienste zur Verfügung stehen.
Rz. 17
Unabhängig davon haben die Rehabilitationsträger ein berechtigtes Interesse daran, für die Versorgung qualifizierte Dienste- und Einrichtungen in ausreichender Zahl – und dann auch noch in zumutbarer Entfernung – unter Vertrag zu haben oder eigene Einrichtungen aufzubauen. Dem Rehabilitationsträger entstehen sonst ggf. erhöhte Kosten
- wegen Verzögerungen bei der Aufnahme,
- für nicht optimal geeignete Rehabilitationsdienste und -einrichtungen (Verzögerung bei dem Erreichen des Teilhabeziels) oder
- für die Zurücklegung weiter En...