0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetzes – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft.
Bis auf eine Änderung blieb die Vorschrift bis heute unverändert. Die Änderung betrifft die Einführung des heutigen Abs. 2 Nr. 6a und bezieht sich auf die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen. Sie ist seit dem 10.6.2021 in Kraft und wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) v. 2.6.2021 (BGBl. I S. 1387) eingefügt.
Als Vorgängervorschrift des heutigen § 42 diente in der Zeit vom 1.7.2001 bis zum 31.12.2017 § 26 a. F., der bis auf eine leichte Veränderung beim Sprachgebrauch inhaltlich dem am 1.1.2018 eingeführten § 42 entspricht.
1 Allgemeines
Rz. 2
Gemäß § 1 Satz 1 erhalten Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung (vgl. § 2) Leistungen von den Rehabilitationsträgern, um
- ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern,
- Benachteiligungen zu vermeiden oder
- Benachteiligungen entgegenzuwirken.
Die Teilhabeleistungen dienen dazu, dem betroffenen Menschen Hilfen zur Verfügung zu stellen, damit die Behinderung oder ihre Folgen abgewendet, beseitigt oder gemindert werden oder eine Verschlimmerung verhütet wird. Ziel ist, dass der betroffene Mensch trotz gesundheitlicher Handicaps möglichst wie ein gesunder Mensch uneingeschränkt
- am schulischen, beruflichen und/oder gesellschaftlichen Leben teilnehmen und
- ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben führen kann.
Zum Erreichen dieser Ziele stehen Leistungen
zur Verfügung (§ 5).
Rz. 3
In Ergänzung zu § 4 konkretisiert § 42 die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und deren Ziele. Während § 42 Abs. 2 sich mit den einzelnen Unterleistungen innerhalb der Gruppe der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation befasst, konkretisiert Abs. 1 die unter Rz. 2 genannten Ziele. Zu diesen gehören insbesondere die Vermeidung, Beseitigung oder Minderung
- der Behinderung (einschließlich chronischer Krankheiten),
- der Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit,
- der Pflegebedürftigkeit und
- des vorzeitigen Bezugs von laufenden Sozialleistungen
(Einzelheiten hierzu Rz. 9). Bevor Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung gewährt werden, haben die Rehabilitationsträger die Durchführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu prüfen. Der Gesetzgeber unterstellt nämlich, dass durch die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
- dem Eintritt der Erwerbsminderung oder der Pflegebedürftigkeit vorgebeugt oder
- nach dem Eintritt die Erwerbsminderung/Pflegebedürftigkeit diese wieder beseitigt werden kann.
Dies unterstreicht den Grundsatz "Rehabilitation vor Rente und Pflege" (§ 9 Abs. 2 und 3).
Rz. 4
Abs. 3 führt auf, welche medizinischen, psychologischen und pädagogischen Verfahren und Methoden ergänzend zu den in Abs. 2 aufgeführten Unterleistungen der "medizinischen Rehabilitation" zu erbringen sind, um die Ziele der medizinischen Rehabilitation zu erreichen. Sie sind regelmäßig konzeptioneller Bestandteil einer medizinischen Rehabilitation und dienen vor allem der Erhaltung und Förderung alltagspraktischer, kognitiver und sozialer Fertigkeiten sowie der Unterstützung bei der psychischen Bewältigung einer Behinderung bzw. drohenden Behinderung.
Rz. 5
Zu beachten ist, dass sich die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen richten (§ 7 Satz 1). § 42 hat deshalb lediglich deklaratorischen Charakter, sofern die Leistungsgesetze der einzelnen Rehabilitationsträger nicht ausdrücklich auf § 42 verweisen (BSG, Urteil v. 26.6.2007, B 1 KR 36/06 R). Während z. B. § 15 SGB VI hinsichtlich der zur Verfügung zu stellenden Leistungen auf die Vorschrift des § 42 SGB IX verweist, regeln in der Krankenversicherung die §§ 40 ff. SGB V die Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eigenständig; in der Krankenversicherung können somit Leistungsansprüche nicht über § 42 SGB IX, sondern nur über die §§ 40 ff. SGB V hergeleitet werden.
2 Rechtspraxis
2.1 Wesen der medizinischen Rehabilitationsleistungen
Rz. 6
Die Leistungen der medizinischen Rehabilitation fördern im Gegensatz zu den anderen Leistungsgruppen des § 5 den Gesundheitszustand des Rehabilitanden. Durch sie sollen die körperlichen und seelischen Fähigkeiten und Funktionsmöglichkeiten des behinderten bzw. von Behinderung bedrohten Betroffenen gefördert bzw. wieder hergestellt werden – und zwar so weit, dass der Betroffene möglichst wie ein gesunder Mensch am Alltagsleben teilnehmen kann (selb...