Rz. 8a
Jeder Rehabilitationsträger ist zunächst im Rahmen seines Leistungsspektrums zur Teilhabeleistung verpflichtet. Der Rehabilitationsträger soll die Teilhabeleistungen im Rahmen der für ihn geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalls so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität erbringen, dass Leistungen anderer Träger möglichst nicht erforderlich werden und auch der Leistungsberechtigte vor einem unnötigen Zuständigkeitswechsel während einer als einheitlich anzusehenden Rehabilitations- bzw. Teilhabemaßnahme bewahrt wird (§ 4 Abs. 2 Satz 2; vgl. auch BSG, Urteil v. 29.1.2008, B 5a/5 R 26/07 R).
Der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist gegenüber dem Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig. Damit ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für Leistungen nach den §§ 42 ff. bzw. den rehabilitationsträgerspezifischen Vorschriften des jeweiligen Rehabilitationsträgers erfüllt sind (BSG, Urteil v. 21.8.2008, B 13 R 33/07 R). Werden z. B. bei Hilfsmitteln (Prothesen, digitale Hörgeräte, Rollstühle etc.) aufgrund besonderer beruflich bedingter Umstände höherwertige Ausstattungen notwendig, hat der Träger der medizinischen Rehabilitation die Kosten der (Grund-)Versorgung nach seinen Vorschriften und der Träger der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Agentur für Arbeit) die darüber hinaus beruflich bedingten Mehrkosten zu tragen (BSG, u. a. Urteile v. 24.1.2013, B 3 KR 5/12 R, sowie v. 21.8.2008, B 13 R 33/07 R).
Der Anspruch auf Leistungen zur sozialen Teilhabe ist gegenüber dem Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nachrangig.
Rz. 8b
Der Leistungsumfang eines jeden Rehabilitationsträgers richtet sich nach dem individuellen Teilhabeziel, für dessen Erreichen er gesetzlich verantwortlich ist. Die rehabilitationsspezifischen Teilhabeleistungen des Rehabilitationsträgers sind von ihm im Rahmen seiner Zuständigkeit umfassend bzw. vollständig zu erbringen (§ 4 Abs. 2 Satz 1; vgl. BSG, Urteil v. 29.1.2008, B 5a/5 R 26/07 R).
Sind am Rehabilitations- bzw. Teilhabeprozess mehrere Rehabilitationsträger parallel oder zeitlich hintereinander beteiligt, stellt sich trotzdem die Frage der Abgrenzung der Zuständigkeiten. Dieses soll folgendes Beispiel verdeutlichen: Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln i. S. der gesetzlichen Krankenversicherung geht es hinsichtlich des Leistungsumfangs nicht um einen Ausgleich i. S. d. vollständigen Gleichziehens des behinderten Menschen mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine ggf. darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl. z. B. § 5 Nr. 2: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und § 5 Nr. 5: Leistungen zur sozialen Teilhabe). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört u. a. die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw. eines Schulwissens (wobei die Zuständigkeit für die Teilhabeleistungen an Bildung nicht in den Bereich der Krankenversicherung fällt, vgl. § 5 Nr. 4 i. V. m. § 6). Zum körperlichen Freiraum gehört – im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit – die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z. B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs (vgl. BSG, Urteil v. 7.10.2010, B 3 KR 13/09 R). Der Versorgungsanspruch findet allerdings da seine Grenze, wenn es nicht um Aktivitäten im Alltag, sondern um spezielle Freizeitaktivitäten geht. Ein Versicherter kann von der Krankenkasse nicht die Versorgung mit einer Unterschenkel-Sportproth...