Rz. 83
§ 73 Abs. 4 Satz 3 regelt den Fahrkostenersatz bei Pendelfahrten wegen der Teilnahme an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die notwendigen Kosten für die Pendelfahrten werden vom Rehabilitationsträger in Höhe der Kosten für ein öffentliches Verkehrsmittel (vgl. Rz. 25 ff.) oder bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs in Höhe der Wegstreckenentschädigung (Rz. 39 ff.) getragen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Rehabilitand grundsätzlich die Wahl haben soll, ob er während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (= praktische und/oder theoretische Ausbildung/Unterweisung)
- eine Unterbringung am Rehabilitationsort in Anspruch nimmt oder
- täglich zwischen Wohnort und Rehabilitationsort pendelt.
Als Pendelfahrten gelten die Hin- und Rückfahrten zum Ort der Teilhabeleistung. Hierbei handelt es sich um Wege zwischen
- dem Ort der auswärtigen Unterkunft und der/den Bildungsstätte(n) oder
- – wenn keine auswärtige Unterkunft besteht – dem Wohnort und der/den Bildungsstätte(n) oder
- einer Bildungsstätte und einer anderen Bildungsstätte.
Aufgrund des § 73 Abs. 4 Satz 3 gibt es eine Besonderheit im Zusammenhang mit den Pendelfahrten: Die Reisekosten für die Pendelfahrten sind auf den Betrag begrenzt, der bei einer zumutbaren, angemessenen auswärtigen Unterbringung für Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre (z. B. Internatskosten, Wohnheimkosten). Kann dem Rehabilitanden vom Rehabilitationsträger tatsächlich keine angemessene auswärtige Unterbringung angeboten werden, ist eine Vergleichsberechnung nicht möglich.
Nach dem Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen v. 30.4.2014 (L 8 R 875/13) kommt es bei der Bemessung der Höchstgrenze nicht auf den abstrakten Marktwert einer angemessenen Unterbringung und Verpflegung an, sondern darauf, welchen konkreten Geldbetrag der Rehabilitationsträger dem Rehabilitanden für die Sachleistung aufwenden muss (vgl. auch BSG, Urteil v. 25.3.2003, B 7 AL 8/02 R).
Der Rehabilitand nimmt an einer 2-jährigen Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben teil ("Umschulung" zum Einzelhandelskaufmann) – und zwar im Berufsförderungswerk A. Er hat die Möglichkeit, im Berufsförderungswerk internatsmäßig untergebracht zu werden. Hierfür zahlt der Rehabilitationsträger einschließlich Verpflegung 55,00 EUR je Tag (1.650,00 EUR im Monat). Der Rehabilitand legt jedoch wegen seiner Familie Wert darauf, vom Berufsförderungswerk täglich nach Hause zurückzukehren. Für die 60 km Entfernung fährt er täglich 120 km mit seinem Privat-Pkw (Hin- und Rückfahrt) und bittet um Erstattung der täglichen Pendelkosten.
Fazit:
Im Sinne des § 73 fallen täglich Pendelkosten in Höhe von 0,20 EUR je gefahrenen Kilometer an (vgl. Rz. 39 ff.). Das sind (120 km x 0,20 EUR =) 24,00 EUR insgesamt für die tägliche Hin- und Rückfahrt. Damit wird die Grenze von 55,00 EUR nicht überschritten. Eine Kappung der Wegstreckenentschädigung auf die Kosten der Unterbringung ist somit nicht notwendig.
Bei einer Vergleichsberechnung erhöhen mögliche Familienheimfahrten, die bei einer auswärtigen Unterbringung anfallen würden, die Kosten der auswärtigen Unterbringung nicht, weil die Kosten der Familienheimfahrten nicht den Unterbringungskosten zuzurechnen sind.